Deutsche Tageszeitung - Tönnies und Westfleisch kündigen nach Corona-Ausbruch Verbesserungen für Arbeiter an

Tönnies und Westfleisch kündigen nach Corona-Ausbruch Verbesserungen für Arbeiter an


Tönnies und Westfleisch kündigen nach Corona-Ausbruch Verbesserungen für Arbeiter an
Tönnies und Westfleisch kündigen nach Corona-Ausbruch Verbesserungen für Arbeiter an / Foto: ©

Die Corona-Ausbrüche in der Fleischindustrie sollen nun zu spürbaren Verbesserungen für etliche der dort beschäftigten Arbeiter führen. Der besonders unter Druck stehende Fleischkonzern Tönnies und der zuvor ebenfalls für etliche Corona-Infektionen stehende Konzern Westfleisch aus Münster kündigten am Dienstag Änderungen bei den umstrittenen Werkverträgen an. Auch im Bereich Wohnen versprachen beide Unternehmen Verbesserungen.

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Bei Tönnies in Rheda-Wiedenbrück gibt es einen massiven Corona-Ausbruch mit mehr als 1550 positiv auf das Coronavirus getesteten Beschäftigten. Davor hatte es bei Westfleisch eine Häufung an Fällen gegeben.

Tönnies teilte nun mit, dass Werkverträge in allen Kernbereichen der Fleischproduktion abgeschafft und die Mitarbeiter stattdessen direkt in der Unternehmensgruppe angestellt werden. Konkurrent Westfleisch kündigte an, in den kommenden sechs Monaten alle Beschäftigten selbst einzustellen.

Zudem stellte Tönnies die Schaffung von "ausreichend und angemessenem" Wohnraum für die Beschäftigten an den Standorten in Aussicht. Auch Westfleisch kündigte an, eine angemessene Wohnsituation sicherstellen zu wollen. Die Unterbringung der häufig als Billiglohnkräfte aus Osteuropa eingesetzten Beschäftigten gilt als einer der Gründe für die Ausbreitung des Coronavirus.

Beide Unternehmen kündigten an, die Arbeitszeiten künftig digital zu erfassen. Tönnies teilte mit, Integrationsprogramme zur "Stärkung der gesellschaftlichen Akzeptanz" an den Standorten aufzulegen sowie Aus- und Fortbildungsprogramme mit einem Schwerpunkt für übernommene Mitarbeiter. Die geplanten Regelungen sollen ab Januar gelten.

"Wir wollen auch in Zukunft in Deutschland Fleisch produzieren - dafür brauchen wir die gesellschaftliche Akzeptanz", erklärte Konzernchef Clemens Tönnies. "Dies gilt über alle Ketten der Fleischproduktion und schließt ausdrücklich die Landwirtschaft mit ein."

Westfleisch-Finanzvorstand Carsten Schruck erklärte, der Fokus des von dem Unternehmen beschlossenen Zehn-Punkte-Zukunftsprogramms liege "auf der Übernahme von deutlich mehr Verantwortung für Mensch, Tier und Gesellschaft". Das Unternehmen habe sich in der Vergangenheit zu oft bei Verbesserungen abbremsen lassen. "Für die Zukunft unserer bäuerlichen Genossenschaft ist es ganz entscheidend, dass wir konsequenter als bisher die notwendigen Schritte einleiten und tatsächlich auch gehen."

DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel nannte den Vorstoß der beiden Unternehmen den Versuch, "sich gesichtswahrend von ihren skandalösen Geschäftsgebahren zu trennen". Dies sei zwar schön, komme aber deutlich zu spät. "Trotz dieser Ankündigung erwarten wir eine gesetzliche Regelung für den Kernbereich der Fleischindustrie", forderte Piel. "Ankündigungen und Versprechen gab es in der Vergangenheit schon viele, wirklich was passiert ist aber nicht."

Die stellvertretende SPD-Bundestagsfraktionsvorsitzende Katja Mast erklärte, die geplante Gesetzesnovelle sei mit den Ankündigungen der Unternehmen nicht vom Tisch. "Denn es geht ja darum, Werkverträge und Leiharbeit im Kernbereich der Produktion zu verbieten. Das Gesetz kommt." Es wäre zudem spannend zu erfahren, wie die gesamte Fleischindustrie zu Werkverträgen stehe, erklärte Mast.

(Y.Ignatiev--DTZ)