Deutsche Tageszeitung - Fernfahrer in der EU bekommen bessere gesetzliche Arbeitsbedingungen

Fernfahrer in der EU bekommen bessere gesetzliche Arbeitsbedingungen


Fernfahrer in der EU bekommen bessere gesetzliche Arbeitsbedingungen
Fernfahrer in der EU bekommen bessere gesetzliche Arbeitsbedingungen / Foto: ©

Fernfahrer in der EU bekommen bessere gesetzliche Arbeitsbedingungen. Das EU-Parlament in Brüssel nahm am Donnerstag ein entsprechendes Gesetzespaket endgültig an. Der Beschluss besiegelte ein Reformvorhaben, das wie kein anderes über Jahre für Streit zwischen östlichen und westlichen EU-Ländern sorgte. Gewerkschaften und westliche Politiker reagierten euphorisch, während aus Osteuropa scharfe Kritik kam.

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Die Regeln sehen vor, dass Lkw-Fahrer ihre gesetzlichen Schlafpausen künftig nicht mehr im Fahrzeug verbringen dürfen. Ihr Dienstplan muss außerdem regelmäßige Fahrten in die Heimat zulassen. So soll das etwa vom Verkehrsexperten der Europa-SPD, Ismael Ertug, angeprangerte "Nomadentum" im Fernfahr-Sektor beendet werden.

Um Lohndumping zu verhindern, unterliegen die Fahrer zudem bei längeren Auslandsaufenthalten bis auf wenige Ausnahmen den sozialrechtlichen Bestimmungen des Aufenthaltslandes. Zur Kontrolle werden elektronische Fahrtenschreiber Pflicht. Zusätzliche Bestimmungen gibt es gegen Briefkastenfirmen, damit Speditionsunternehmen sich ihren Firmensitz - und damit das Lohnniveau - nicht einfach aussuchen.

Die neuen EU-Vorgaben "werden verhindern, dass Unternehmen die Fahrer (...) ihres Familien- und Soziallebens berauben und sie um eine angemessene Bezahlung und Sozialversicherung betrügen", erklärte der Europäische Gewerkschaftsbund ETUC. "Missstände wie übermüdete Fahrer auf den Straßen, manipulierbare Kontrollgeräte und Briefkastenfirmen im Osten können nun effektiv bekämpft werden", erklärte der EU-Abgeordnete Markus Ferber (CSU).

Der rumänische Verband der Spediteure hingegen beklagte, die Regeln würden ihre Industrie "begraben". Kombiniert mit den Folgen der Corona-Krise sei damit zu rechnen, dass ein Drittel der Unternehmen der Branche pleite gehen werde.

Die EU-Kommission hatte die Reformpläne 2017 vorgestellt. Daraufhin war sowohl unter den Mitgliedstaaten als auch im EU-Parlament ein heftiger Streit entbrannt. Besonders aus Deutschland, Frankreich und den Benelux-Staaten kamen Forderungen nach strengen Vorgaben, auch um Lohndumping osteuropäischer Speditionsunternehmen zu unterbinden. Polen, Bulgarien und andere warfen ihren westlichen Nachbarn im Gegenzug Protektionismus vor.

Schließlich wurden die Osteuropäer überstimmt. Im Rat der Mitgliedstaaten wurde die westliche Position Ende 2018 gegen Widerstand aus neun Ländern per Mehrheitsentscheid durchgedrückt. Im EU-Parlament konnte auch eine Flut von hunderten Änderungsanträgen ein positives Votum kurz vor der EU-Wahl im vergangenen Frühjahr nicht verhindern. Die Unterhändler der beiden Institutionen einigten sich anschließend dementsprechend.

Noch im April scheiterte eine Gruppe mehrheitlich östlicher Ländern mit dem Versuch, das Reformvorhaben unter Verweis auf die Folgen der Corona-Krise auf den Transportsektor doch noch zu kippen. Im neu gewählten EU-Parlament, wo die Einigung noch einmal bestätigt werden musste, gab es nun erneut Dutzende Änderungsanträge, die jedoch keine Mehrheit fanden.

"Der Kampf ist noch nicht vorbei", kündigte der polnische EU-Abgeordnete Kosma Zlotowski an. Bestimmte Mitgliedstaaten würden "mit Sicherheit" vor dem Europäischen Gerichtshof gegen dieses "eindeutige Beispiel von wirtschaftlichem Protektionismus" klagen.

Die neuen Bestimmungen zu den gesetzlichen Pausenzeiten und Vorgaben für den Dienstplan treten in wenigen Wochen in Kraft. Für die Umsetzung neuer Regeln zur Kabotage, also wenn ein ausländisches Unternehmen eine Lieferleistung komplett innerhalb eines anderen Landes erbringt, und den sozialrechtlichen Bestimmungen gilt eine Übergangsfrist von 18 Monaten.

(W.Budayev--DTZ)