Deutsche Tageszeitung - Opposition erhöht im Wirecard-Skandal Druck auf Scholz

Opposition erhöht im Wirecard-Skandal Druck auf Scholz


Opposition erhöht im Wirecard-Skandal Druck auf Scholz
Opposition erhöht im Wirecard-Skandal Druck auf Scholz / Foto: ©

Im Wirecard-Skandal wächst der Druck auf das Bundesfinanzministerium. Politiker der Oppositionsparteien drängten am Freitag auf weitere Aufklärung. Ein Sprecher von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) bekräftigte unterdessen, dass Maßnahmen zur Reform der Finanzaufsicht möglichst bald auf den Weg gebracht werden sollen - derzeit würden sie noch innerhalb der Bundesregierung abgestimmt.

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Scholz wurde nach Angaben seines Ministeriums bereits am 19. Februar 2019 darüber unterrichtet, dass die Finanzaufsicht Bafin beim Dax-Unternehmen Wirecard "in alle Richtungen wegen Marktmanipulation ermittelt, das heißt sowohl gegen Verantwortliche der Wirecard AG als auch gegen Personen, bei denen Hinweise zur Beteiligung an Marktmanipulationen vorliegen". Dies geht aus einem Sachstandsbericht des Bundesfinanzministeriums an den Finanzausschuss des Bundestags hervor.

Linken-Chef Bernd Riexinger forderte, Scholz müsse "dringend erklären, warum die Hinweise auf Unstimmigkeiten bei Wirecard, aber auch auf die Probleme in der Aufsichtsarchitektur insgesamt, in seinem Ministerium so lange ignoriert wurden".

Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Danyal Bayaz kritisierte, Scholz sei einer Diskussion im Bundestag dazu bislang aus dem Weg gegangen. Die Versäumnisse müssten aber aufgearbeitet werden - auch um die Finanzaufsicht Bafin besser aufzustellen. Diese müsse mit mehr Befugnissen ausgestattet werden, damit sie an den Finanzmärkten künftig gefürchtet werde.

Der finanzpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Florian Toncar, erklärte, auch nach einer Telefonkonferenz der Obleute im Finanzausschuss des Bundestages mit Finanzstaatssekretär Jörg Kukies am Donnerstagabend blieben die wesentlichen Fragen im Wirecard-Skandal ungeklärt. "Die Darstellung des Bundesfinanzministeriums bleibe "an vielen Stellen widersprüchlich oder zumindest nebulös".

Die Freien Demokraten würden nun "nochmals den Versuch unternehmen, über einen umfassenden Fragenkatalog und in einer Sondersitzung des Finanzausschusses des Bundestages für Aufklärung zu sorgen", fügte Toncar hinzu. Falls sich die offenen Punkte und Widersprüche auf diesem Wege nicht ausräumen ließen, "wäre aus unserer Sicht ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss sinnvoll". Die deutsche Öffentlichkeit, insbesondere die vielen geschädigten Anleger, hätten einen Anspruch darauf, "zu erfahren, was die Aufsicht in Sachen Wirecard wirklich unternommen hat und wie die Verantwortlichkeiten sind."

Wirecard hatte Ende Juni Insolvenz angemeldet, nachdem das Unternehmen eingestehen musste, dass in der Bilanz aufgeführte Barmittel von 1,9 Milliarden Euro, die angeblich auf asiatischen Bankkonten lagen, nicht auffindbar seien. Bafin-Präsident Felix Hufeld bezeichnete die Ereignisse als eine "Schande" für Deutschland. Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) hat als Konsequenz aus dem Bilanzskandal eine Reform der deutschen Finanzaufsicht angekündigt.

Am Freitag sagte ein Ministeriumssprecher, derzeit würden weitere Maßnahmen abgestimmt, "damit man sich am Standort Deutschland auf die Bilanzen verlassen kann und man solche Manipulationen in Zukunft vermeiden kann. Das Konzept des Finanzministeriums zu den erforderlichen Schritten im Bereich Blianzprüfung und zur Strukturierung der Aufsicht wurde demnach den anderen Ministerien vorgelegt. "Wir tauschen uns jetzt dazu aus und hoffen, dass wir bald zu einem Ergebnis kommen."

Weiterhin flüchtig ist Ex-Wirecard-Vorstand Jan Marsalek. Wie das "Handelsblatt" unter Berufung auf eine private Kommunikation des Managers mit einem Vertrauten über den Messengerdienst Telegram berichtete, widerspricht Marsalek den gegen ihn erhobenen Vorwürfen im Zusammenhang mit dem Bilanzskandal nicht. "Einer muss Schuld haben, und ich bin die naheliegende Wahl", schrieb Marsalek demnach am 21. Juni. Der "Spiegel" berichtete am Freitag zudem, Marsalek habe offenbar bislang unbekannte Verbindungen zum Karibikstaat Grenada gehabt.

(W.Budayev--DTZ)