Deutsche Tageszeitung - Sachverständige ziehen gemischte Bilanz bisheriger Corona-Maßnahmen

Anzeige Bild
Anzeige Bild
Anzeige Bild
Anzeige Bild
Anzeige Bild

Sachverständige ziehen gemischte Bilanz bisheriger Corona-Maßnahmen


Sachverständige ziehen gemischte Bilanz bisheriger Corona-Maßnahmen
Sachverständige ziehen gemischte Bilanz bisheriger Corona-Maßnahmen / Foto: © AFP/Archiv

Die Sachverständigenkommission zur Evaluierung der Corona-Maßnahmen zieht eine gemischte Bilanz der bisherigen Schritte, beklagt aber einen Mangel an Daten für die wissenschaftliche Erhebung. Maßnahmen wie Lockdown, Maskenpflicht oder 2G-Regeln hätten eine Wirkung, diese sei aber begrenzt, heißt es in dem Bericht, der als Grundlage für die Neufassung des Infektionsschutzgesetzes dienen soll. "Wir haben eine schlechte Datenlage", sagte der Virologe Hendrik Streeck.

Anzeige Bild

Textgröße ändern:

Die derzeit viel diskutierte FFP2-Masken entfalten nach Einschätzung der Kommission insbesondere in Innenräumen ihre Wirkung. "Da die Übertragung des Coronavirus im Innenbereich ungleich stärker als im Außenbereich ist, sollte eine Maskenpflicht zukünftig auf Innenräume und Orte mit einem höheren Infektionsrisiko beschränkt bleiben". Eine generelle Empfehlung zum Tragen von FFP2-Masken sei aber "aus den bisherigen Daten nicht ableitbar".

Gemischt fällt auch das Urteil über die 2G/3G-Maßnahmen aus. Deren Wirkung sei bei den derzeitigen Varianten "in den ersten Wochen nach der Boosterimpfung oder der Genesung hoch", heißt es in dem Gutachten. Allerdings verpuffe bei der Omikron-Variante der Effekt einer Impfung mit den bisherigen Vakzinen, betonte Streeck. Deshalb sei es ratsam, etwa beim Besuch von Veranstaltungen zusätzlich einen Test zu machen.

Zu Lockdowns heißt es in der Expertise, gerade zu Beginn einer Pandemie sei es sinnvoll, die Übertragung in der Bevölkerung soweit es geht zu reduzieren. "Wenn erst wenige Menschen infiziert sind, wirken Lockdown-Maßnahmen deutlich stärker." Je länger ein Lockdown dauere und je weniger Menschen bereit seien, die Maßnahme mitzutragen, "desto geringer ist der Effekt und umso schwerer wiegen die nicht-intendierten Folgen".

Zu Schulschließungen heißt es in dem Papier, deren genaue Wirksamkeit sei "trotz biologischer Plausibilität und zahlreicher Studien weiterhin offen".

Zu den Bedingungen für die Tätigkeit der Kommission sagte deren Vizechefin Helga Rübsamen-Schaeff, die Erfüllung des Arbeitsauftrags sei "erheblich" dadurch erschwert worden, "dass wir eben zur Bewertung erst zwei Jahre nach Beginn der Maßnahmen aufgefordert worden sind". Ein zentrales Problem sei auch gewesen, dass es "nicht gelang, seit dem Beginn der Pandemie eine ausreichende, stringente und begleitende Datenerhebung zu etablieren".

Der Wirtschaftswissenschaftler Christoph Schmidt mahnte, die Politik müsse, wenn sie später eine Evaluation wünsche, möglichst von Anfang an Kriterien dafür festlegen und die Erhebung der entsprechenden Daten organisieren.

Rübsamen-Schaeff bedauerte, dass es "in der knappen Zeit" nicht möglich gewesen sei, "Empfehlungen zu Maßnahmen der Pandemiebekämpfung hinsichtlich Impfstoffen, Diagnostika und Medikamenten abzugeben, die natürlich auch sehr wichtig wäre".

Deutliche Kritik gibt es in der Kommission an der Gesetzgebung des Bundes. Die entsprechenden Regelungen im Infektionsschutzgesetz sollten so gefasst werden, dass sie für alle Erreger gelten, sagte die Juristin Andrea Kießling. "Wir empfehlen auch, dass man den Rechtsrahmen nicht so häufig ändert, wie das in den letzten beiden Jahren passiert ist."

Kießling verwies darauf, dass das Gesetz nur wenige Maßnahmen unmittelbar vorschreibe. "Ansonsten müssen die Länder das Gesetz ja ausführen." Dafür erlassen die Länder Verordnungen, die in oder außer Kraft gesetzt werden können, ohne das Gesetz zu ändern.

(M.Dorokhin--DTZ)

Empfohlen

Virologe Streeck ist neuer Drogenbeauftragter der Regierung

Der Virologe und CDU-Bundestagsabgeordnete Hendrik Streeck ist neuer Drogenbeauftragter der Bundesregierung. Das Kabinett ernannte den 47-Jährigen am Mittwoch auf Vorschlag von Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU), wie das Ministerium anschließend mitteilte. Streeck löst den SPD-Politiker Burkhard Blienert ab.

AOK-Bundesverband sieht Aufholbedarf bei HPV-Impfungen in Deutschland

Der AOK-Bundesverband hat eine höhere Impfaktivität gegen Humane Papillomviren (HPV) angemahnt. Deutschland müsse schleunigst aufholen und "dringend einige Gänge hochschalten", teilte der AOK-Bundesverband am Mittwoch in Berlin mit. Deutschland sei noch weit vom erklärten Ziel der Weltgesundheitsorganisation entfernt, bis zum Jahr 2030 eine Impfquote von 90 Prozent bei den 15-jährigen Mädchen zu erreichen.

UNO: Keine Informationen über Hilfslieferungen von US-Stiftung GHF

Kurz nachdem die private Hilfsorganisation Gaza Humanitarian Foundation (GHF) nach eigenen Angaben erste Hilfsgüter im Gazastreifen verteilt hat, haben die Vereinten Nationen Kritik an deren Arbeitsweise geäußert. "Es ist eine Ablenkung von dem, was wir wirklich brauchen", sagte der Sprecher des UN-Büros für humanitäre Angelegenheiten (Ocha), Jens Laerke, am Dienstag in Genf. Die UNO habe keinerlei Informationen darüber, ob tatsächlich Hilfsgüter durch die GHF verteilt worden seien.

Studie: 78 Prozent der Ärzte sehen KI als Chance für Medizin

78 Prozent der Ärzte in Deutschland bewerten einer Studie zufolge Künstliche Intelligenz (KI) als große Chance für die Medizin. Das geht aus einer Umfrage des Digitalverbands Bitkom hervor, die dieser am Dienstag in Berlin veröffentlichte. 60 Prozent der Befragten gaben an, dass sie von der KI in bestimmten Fällen bessere Diagnosen erwarteten. Gleichzeitig forderten 76 Prozent eine strenge Regulierung.

Textgröße ändern:

Anzeige Bild