
SPD fordert Reform zu finanzieller Entlastung von Pflegebedürftigen

Angesichts steigender Pflegekosten drängt die SPD auf eine grundlegende Reform der Pflegefinanzierung. "Die Eigenanteile der Pflegebedürftigen müssen kalkulierbar und verlässlich sein", sagte SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil der "Neuen Osnabrücker Zeitung" vom Mittwoch. Dabei müsse auch über einen Steuerzuschuss geredet werden. Aus der Union kamen Signale der Gesprächsbereitschaft.
Klingbeil äußerte sich anlässlich des Deutschen Pflegetages, der am Donnerstag in Berlin stattfindet. Um die Kostenexplosion in der Heimpflege zu stoppen, sei auch eine Versicherungspflicht für Beamte und Selbstständige notwendig, sagte Klingbeil. "Alle sollten auf die gleiche Weise und solidarisch in einer Bürgerversicherung kranken- und pflegeversichert sein."
Zu den Belastungen für die Pflegebedürftigen sagte der SPD-Generalsekretär, es sei "richtig, sie zu begrenzen". Er warf Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) vor, bisher "nicht ansatzweise" genug für die notwendigen grundsätzlichen Verbesserungen in der Pflege getan zu haben.
Aus Sicht des Pflegebevollmächtigten der Bundesregierung, Andreas Westerfellhaus, darf ebenfalls der Einsatz von Steuermitteln "kein Tabu sein". "Wir müssen über alternative Finanzierungssysteme nachdenken", sagte auch er der "NOZ". Um die Eigenanteile zu begrenzen "könnte beispielsweise die Krankenversicherung die Kosten für die medizinische Versorgung auch dann übernehmen, wenn ein Pflegebedürftiger im Heim lebt".
"Die Pflege wird kostenintensiv", räumte auch Unions-Fraktionsvize Georg Nüßlein (CSU) in Berlin ein. "Daher müssen wir uns mit der Frage einer nachhaltigen Finanzierung vertieft befassen." Optionen könnten dabei "sowohl die Einführung von Steuerzuschüssen als auch eine Anhebung der Beitragssätze oder des Eigenanteils beziehungsweise eine Kombination daraus sein", erklärte er weiter. Der SPD-Forderung nach einer Bürgerversicherung erteilte Nüßlein eine Absage.
Deutlich kritischer zu dem SPD-Vorstoß äußerte sich der CSU-Gesundheitsexperte Stephan Stracke. "Der neue Vorschlag der SPD reiht sich ein in die milliardenschweren Sozialprojekte, die die Sozialdemokraten bereits ins politische Schaufenster gestellt haben", erklärte er in Berlin. Steuererhöhungen lehnte er als "Gift für die Wirtschaft" ab.
Rückendeckung erhielt Klingbeil von den Grünen. "Pflegebedürftige Menschen und deren Angehörige sollten nicht für Qualitätsverbesserungen bezahlen müssen, die in der Pflege dringend notwendig sind", erklärte deren Pflegeexpertin Kordula Schulz-Asche. Allerdings bleibe die SPD ein schlüssiges Konzept dafür schuldig, kritisierte sie. Dagegen arbeiteten die Grünen bereits an konkreten Vorschlägen, die auch eine Mitfinanzierung aus Steuermitteln einschließen würden.
Eine Umwandlung der Pflegeversicherung in eine Vollversicherung forderte Linken-Pflegeexpertin Pia-Zimmermann. Statt einer Steuerfinanzierung drängte sie aber auf eine Abschaffung der Beitragsbemessungsgrenze und eine Einbeziehung aller Einkünfte. "Gute Pflege darf nicht nur etwas für reiche Leute sein", stellte sie klar.
Mehr als ein Drittel der Menschen könnten einen Platz im Pflegeheim nicht selbst bezahlen, kritisierte Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik der Diakonie Deutschland. Sie forderte ebenfalls, die Krankenkassen sollten Behandlungspflege und Palliativversorgung übernehmen, sprach sich aber zudem für einen Steuerzuschuss aus. Zusätzliche Kosten "dürfen nicht weiter 1:1 den Pflegebedürftigen aufgebürdet werden", forderte Loheide.
(U.Stolizkaya--DTZ)