Deutsche Tageszeitung - Kopf-an-Kopf-Rennen bei Parlamentswahl in Israel erwartet

Kopf-an-Kopf-Rennen bei Parlamentswahl in Israel erwartet


Kopf-an-Kopf-Rennen bei Parlamentswahl in Israel erwartet
Kopf-an-Kopf-Rennen bei Parlamentswahl in Israel erwartet / Foto: ©

In Israel haben am Dienstag mit Spannung erwartete Parlamentswahlen stattgefunden. Umfragen sagten ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen der rechtsgerichteten Likud-Partei von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und der Liste Blau-Weiß von Ex-Generalstabschef Benny Gantz voraus. Beide wären aber aller Voraussicht nach auf Koalitionspartner angewiesen. Die Wahl entscheidet darüber, ob sich Regierungschef Benjamin "Bibi" Netanjahu trotz Korruptionsvorwürfen eine fünfte Amtszeit sichern kann oder ob er durch den Ex-Armeechef und Politikneuling Gantz abgelöst wird.

Textgröße ändern:

Netanjahu forderte die Israelis bei seiner Stimmabgabe in Jerusalem auf, eine "gute Wahl zu treffen". "Israel wird gewinnen, so Gott will", sagte er. Ex-Armeechef Gantz sagte bei der Stimmabgabe in seinem Heimatort Rosh Haayin bei Tel Aviv, er sei "froh, sich in den Dienst Israels zu stellen". Er stehe "für das Wohl der Bürger auf einem neuen Weg".

Zur Stimmabgabe aufgerufen waren mehr als sechs Millionen Wahlberechtigte, die über die Zusammensetzung der 120 Sitze zählenden Knesset entscheiden. Die Wahllokale sollten um 21.00 Uhr MESZ schließen, Ergebnisse wurden nicht vor dem frühen Mittwochmorgen erwartet.

Laut letzten Umfragen können die Likud-Partei und die Liste Blau-Weiß mit jeweils rund 30 Sitzen in der Knesset rechnen. Beide würden damit eine eigene Mehrheit klar verfehlen und müssten nach Koalitionspartnern suchen. Der Likud-Partei werden dabei mehr Chancen eingeräumt, eine Parlamentsmehrheit zusammenzubekommen, weil viele kleinere rechte Parteien Netanjahus Positionen nahestehen. Allerdings hatten sich Umfragen bereits in der Vergangenheit als unzuverlässig erwiesen.

Die Wahl ist in vielerlei Hinsicht eine Art Referendum über den seit insgesamt 13 Jahren regierenden und oft als "King Bibi" bezeichneten Netanjahu. Der 69-Jährige hatte sich im Wahlkampf als erfahrener Politiker präsentiert, der allein in der Lage sei, Israels Sicherheit zu garantieren. Am Samstag kündigte er die Annexion jüdischer Siedlungsgebiete im Westjordanland an - ein Schritt, den viele Beobachter als Werben um Wähler am rechten Rand des politischen Spektrums interpretierten.

Angesichts Netanjahus populistischer Rhetorik und der Korruptionsvorwürfe gegen ihn hoffen viele Israelis auf eine Veränderung. "Bibi ist schon zu lange an der Macht", sagte die 45-jährige Universitätsprofessorin Ronit Kampf bei der Stimmabgabe in Jerusalem.

Shahar Levinson sagte in einem anderen Jerusalemer Wahllokal, er wähle den Likud, weil er eine "rechtsgerichtete und kapitalistische" Regierung wolle. Auch die Sicherheit sei ein wichtiger Punkt, sagte Levinson, der mit seiner Ehefrau und drei kleinen Kindern zur Stimmabgabe kam.

Netanjahus Herausforderer Gantz setzte im Wahlkampf auf den Wechselwillen nach insgesamt 13 Jahren Netanjahu. Der 59-jährige Politikneuling prangerte im Wahlkampf die Bestechungsskandale des Amtsinhabers an und versprach für den Fall seines Sieges "null Toleranz" gegenüber Korruption.

Netanjahus Annexionspläne bezeichnete Gantz als "unverantwortliches" Werben um Stimmen. Er selbst befürworte ein "global unterstütztes Friedensabkommen", das Israels Festhalten an den großen jüdischen Siedlungsblöcken im Westjordanland beinhalte sowie die Beibehaltung der Sicherheitskontrolle über das Gebiet. Einseitige Schritte lehne er ab.

Sollte Netanjahu die Wahl gewinnen, würde er im Juli den Rekord als dienstältester Ministerpräsident des Landes brechen, den bislang noch Gründervater David Ben-Gurion hält.

Zugleich könnte er der erste amtierende Regierungschef sein, gegen den Anklage erhoben wird. Mitten im Wahlkampf hatte die Generalstaatsanwaltschaft angekündigt, Netanjahu wegen Bestechlichkeit, Betrugs und Vertrauensmissbrauchs in drei Fällen anzuklagen. Bei einer Anklage müsste er nicht zurücktreten, bei einer Verurteilung und nach Ausschöpfen aller Berufungsmöglichkeiten aber schon.

(M.Dylatov--DTZ)

Empfohlen

Baerbock fordert von Deutschland und EU mehr Investitionen in Sicherheit

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hat Deutschland und die EU aufgefordert, mehr in die Sicherheit zu investieren. Der europäische Pfeiler in der Nato müsse gestärkt werden, unabhängig davon, wer demnächst in den USA regiert, sagte Baerbock am Freitag bei einer Veranstaltung der "Zeit". "Die Vorstellung, dass wir uns nicht verteidigen müssen, hat (Russlands Präsident Wladimir) Putin zerbombt."

Trump trifft Netanjahu und warnt vor "drittem Weltkrieg" bei Wahlniederlage

Ex-US-Präsident Donald Trump hat bei einem Treffen mit Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu vor einem "dritten Weltkrieg" gewarnt, sollten seine Republikaner nicht die Präsidentschaftswahl gewinnen. "Wenn wir gewinnen, wird alles ganz einfach. Dann klappt alles und ganz schnell", sagte Trump, der am Freitag Netanjahu und dessen Frau an seinem Anwesen in Florida empfing. "Wenn wir nicht gewinnen, gibt es große Kriege im Nahen Osten und vielleicht den dritten Weltkrieg."

Israels Armee: Bereiten "entscheidende Offensive" gegen Hisbollah im Libanon vor

Die israelische Armee bereitet laut eigenen Angaben eine "entscheidende Offensive" gegen die Hisbollah-Miliz im Libanon vor. Die Truppen bereiteten sich auf den "Übergang zur Offensive" vor, sagte der israelische Generalmajor Ori Gordin laut Militärangaben vom Freitag. "Wenn der Moment kommt und wir in die Offensive gehen, wird es eine entscheidende Offensive", fügte er hinzu.

Russisches Kriegsschiff legt für Zwischenstopp in Algerien an

Das modernste Kriegsschiff der russischen Flotte, die "Admiral Gorschkow", macht laut Angaben aus Moskau für einen Zwischenstopp in Algerien Station. Das mit Hyperschallraketen ausgestattete Schiff habe am Freitag für mehrere Tage im Hafen von Oran am Mittelmeer angelegt, teilte das russische Verteidigungsministerium. Laut der Nachrichtenagentur Tass wird das Schiff vom Tanker "Akademik Paschin" begleitet.

Textgröße ändern: