Deutsche Tageszeitung - Aktivisten: Israels verübt im Gazastreifen "Zwangsumsiedlung" und "Kriegsverbrechen"

Aktivisten: Israels verübt im Gazastreifen "Zwangsumsiedlung" und "Kriegsverbrechen"


Aktivisten: Israels verübt im Gazastreifen "Zwangsumsiedlung" und "Kriegsverbrechen"
Aktivisten: Israels verübt im Gazastreifen "Zwangsumsiedlung" und "Kriegsverbrechen" / Foto: © AFP/Archiv

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) hat Israel vorgeworfen, mit seinen wiederholten Evakuierungsaufforderungen an die Bevölkerung im Gazastreifen "Kriegsverbrechen" zu verüben. "Human Rights Watch hat Beweise dafür gesammelt, dass israelische Entscheidungsträger (...) das Kriegsverbrechen der Zwangsumsiedlung begehen", heißt es in einem am Donnerstag veröffentlichten Bericht der Organisation. "Die Handlungen Israels scheinen zudem die Definition einer ethnischen Säuberung zu erfüllen", schreibt HRW in Bezug auf Gebiete des Gazastreifens, in die deren Bewohner nicht zurückkehren können.

Textgröße ändern:

Die Organisation stütze sich bei ihrem 172-Seiten langen Bericht auf Interviews mit vertriebenen Palästinensern, Satellitenbilder und öffentlich zugängliche Berichte, erklärte Nadia Hardman von HRW.

Israel, das im Gazastreifen die radikalislamische Hamas bekämpft, ruft die Bewohner dort immer wieder vor Angriffen zur Evakuierung der Zielgebiete auf, oft sind davon ganze Landstriche betroffen. Die israelische Armee will damit nach eigenen Angaben die Zivilbevölkerung schützen. Die Angriffe zielen ihren Angaben zufolge oft auf Infrastruktur und Kämpfer der Hamas ab.

Um im Einklang mit dem Völkerrecht vorzugehen, müsse Israel jedoch "in jedem einzelnen Fall nachweisen, dass die Vertreibung von Zivilisten die einzig mögliche Option ist", sagte Hardman. Israel könne sich dabei nicht einfach nur darauf berufen, dass bewaffnete Gruppen vor Ort seien.

HRW wirft Israel zudem vor, mit seinen Angriffen die Evakuierungsgebiete "dauerhaft" unbewohnbar zu machen. "Große Teile des Gazastreifens unbewohnbar zu machen(...), teilweise dauerhaft, (...) kommt einer ethnischen Säuberung gleich", sagte der HRW-Sprecher für den Nahen Osten, Ahmed Benchemsi.

In dem Bericht nennt die Organisation diesbezüglich vor allem die Gebiete im sogenannten Philadelphi-Korridor im südlichen Grenzgebiet zu Ägypten sowie im Netzarim-Korridor, der im Zentrum des Gazastreifens von West nach Ost verläuft und diesen in zwei Hälften teilt. HRW zufolge wurden diese Gebiete "dem Erdboden gleichgemacht, ausgeweitet und gesäubert".

Die israelische Regierung hat die Kontrolle über den Philadelphi-Korridor zu einer Bedingung für eine Waffenruhe im Gazastreifen gemacht.

Der Bericht berücksichtigt laut HRW Ereignisse bis zum August. Die seit Anfang Oktober laufende verstärkte israelische Bodenoffensive im Norden des Gazastreifens, durch die laut UN-Angaben mindestens 100.000 Menschen vertrieben wurden, wurde demnach nicht berücksichtigt. Ein Palästinenser aus Beit Hanun im Norden des Gazastreifens berichtete der Nachrichtenagentur AFP, er sei mehr als zehn Mal vertrieben worden.

Der Krieg im Gazastreifen war durch den beispiellosen Großangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 ausgelöst worden. Dabei wurden nach israelischen Angaben 1206 Menschen getötet und 251 Menschen als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt.

Nach dem Hamas-Angriff startete Israel einen massiven Militäreinsatz im Gazastreifen. Nach Angaben des von der Hamas geführten Gesundheitsministeriums im Gazastreifen wurden dabei bisher mehr als 43.700 Menschen getötet, mehrheitlich Zivilisten. Die Zahlen lassen sich nicht unabhängig überprüfen, die UNO stuft sie als glaubhaft ein.

(P.Tomczyk--DTZ)

Empfohlen

Selenskyj unterzeichnet Abkommen zur Einrichtung von Ukraine-Sondertribunal

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat am Mittwoch im Europarat die Einrichtung eines Sondertribunals zum russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine besiegelt. Selenskyj unterzeichnete am Mittwoch bei einem Besuch in Straßburg ein entsprechendes Abkommen. Die Schaffung des beim Europarat angesiedelten Tribunals hatten die Ukraine und die EU am 9. Mai beschlossen.

Mindestens acht Tote und hunderte Verletzte bei Protesten gegen Regierung in Kenia

Bei Protesten gegen die Regierung in Kenia sind nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen mindestens acht Demonstranten getötet und hunderte verletzt worden. Die Proteste haben sich auf 23 Bezirke des Landes ausgeweitet, bei gewaltsamen Zusammenstößen mit der Polizei wurden "mindestens 400 Menschen verletzt, wobei 83 wegen schweren Verletzungen in eine Spezialklinik überwiesen wurden", erklärte am Mittwoch ein Zusammenschluss von Menschenrechtsorganisationen und Rettungskräften, darunter Amnesty International.

Bezos und Sanchez treffen zu von Protesten begleiteter Hochzeit in Venedig ein

Tech-Milliardär Jeff Bezos und seine Verlobte Lauren Sanchez sind zu ihrer von Protesten begleiteten Hochzeitsfeier in Venedig eingetroffen. Wie ein AFP-Journalist berichtete, kam Bezos am Mittwoch in der norditalienischen Lagunenstadt an. Er und Sanchez betraten später das am Canal Grande gelegene Luxushotel Aman.

Kind stirbt bei Brand in Wilhelmshaven: Ermittlungen wegen Tötungsdelikts

Nach dem Tod eines vierjährigen Kinds bei einem Brand in einem Mehrfamilienhaus in Wilhelmshaven ermittelt die Polizei inzwischen wegen eines Tötungsdelikts. Es bestehe ein Anfangsverdacht gegen einen männlichen Verdächtigen, teilte die Polizei in der niedersächsischen Stadt am Mittwoch zunächst ohne Nennung weiterer Einzelheiten mit.

Textgröße ändern: