
Mindestens 47 Tote bei einem der schwersten Chemieunglücke in China

Bei einem der schwersten Industrieunglücke in China sind mindestens 47 Menschen ums Leben gekommen. Mehr als 600 Menschen mussten nach der Explosion in einer Chemiefabrik in Yancheng in der östlichen Provinz Jiangsu medizinisch behandelt werden, wie die Behörden am Freitag mitteilten, mindestens 90 von ihnen wurden demnach schwer verletzt. Staatschef Xi Jinping forderte die Behörden auf, weitere Industrieunfälle zu verhindern.
Laut der amtlichen Nachrichtenagentur Xinhua war die Explosion in dem Chemiewerk in Yancheng am Donnerstag durch einen Brand in einem Düngemittelwerk auf dem Industriegelände ausgelöst worden. Durch die Druckwelle der Detonation stürzten mehrere Gebäude ein, Arbeiter wurden verschüttet. Drei Chemietanks und fünf weitere Gelände des Industrieparks gerieten in Brand, Einsatzkräfte kämpften die gesamte Nacht zum Freitag gegen einen Großbrand.
Chinesische Medien berichteten, die Detonation sei so stark gewesen, dass sie ein Erdbeben der Stärke 2,2 ausgelöst habe. Durch die Wucht der Explosion barsten Fensterscheiben von Gebäuden in bis zu vier Kilometern Entfernung, Metalltore von Garagen wurden eingedrückt.
Nach Behördenangaben wurden rund 4000 Menschen vom Unglücksort in Sicherheit gebracht. Wie Xinhua unter Berufung auf Augenzeugen berichtete, waren blutüberströmte Arbeiter zu sehen, die aus der Fabrik rannten.
Am Freitag war der Großbrand gelöscht, es war aber noch immer schwarzer Rauch über der Chemiefabrik zu sehen. Eine Luftaufnahme des Gebiets zeigte das Ausmaß der Zerstörung in dem Industriepark.
Anwohner, darunter viele ältere Menschen, begannen am Freitag, Glasscherben zerborstener Fensterscheiben beiseite zu fegen. Einige Anwohner verließen ihre Häuser offenbar gänzlich.
Betroffene sagten der Nachrichtenagentur AFP, es gebe für sie keine direkte Hilfe der Behörden. Die Bewohner müssten selbst auf den Straßen aufräumen. "Ich habe niemanden, der mir hier hilft", sagte die 57-jährige Großmutter mit dem Vornamen Wang.
Weitere Anwohner äußerten Sorgen wegen einer Umweltverschmutzung durch das Industrieunglück: "Wir haben hier kein Trinkwasser", sagte eine 60-Jährige namens Xiang. Sie habe sich seit langem wegen Sicherheit und Verschmutzung in dem Industriepark gesorgt. Einem am Freitag veröffentlichten Bericht der Umweltbehörde von Jiangsu zufolge sind mehrere Flüsse in der Nähe des Unglücksorts mit Chemikalien verseucht.
In China kommt es immer wieder zu schweren Industrieunglücken. Sicherheitsvorschriften werden häufig nicht eingehalten. Bei einem der bislang schwersten derartigen Unglücke waren 2015 bei der Explosion von Chemikalien in der Hafenstadt Tianjin mindestens 165 Menschen ums Leben gekommen.
Staatschef Xi räumte während eines Staatsbesuchs in Italien am Freitag ein, dass es in den vergangenen Jahren eine Reihe schwerer Unglücke gegeben habe. Nach dem Unglück in Yancheng forderte er laut Xinhua "umfassende Bemühungen", die noch eingeschlossenen Arbeiter zu retten und die Unglücksursache "so schnell wie möglich" zu bestimmen.
Der Staatsrat, das chinesische Kabinett, setzte den staatlichen Medien zufolge ein Ermittlerteam ein, um die Unglücksursache herauszufinden. Nach örtlichen Behördenangaben wurde am Freitag eine nicht genannte Zahl von Menschen festgenommen.
Die Fabrik in Yancheng wird von Tianjiayi Chemical betrieben. Das Unternehmen hat bereits in der Vergangenheit gegen Umweltrichtlinien verstoßen, wie aus Online-Dokumenten der Umweltbehörde von Yancheng hervorgeht. In den vergangenen Jahren wurden deshalb bereits Strafzahlungen gegen das Unternehmen verhängt.
(O.Tatarinov--DTZ)