
"Der Vergewaltiger bist Du!"

Die Choreographie ist eingängig, die Aussage klar: Mit der Performance "Ein Vergewaltiger auf Deinem Weg" hat ein Frauenkollektiv aus Chile innerhalb von wenigen Tagen eine internationale Bewegung feministischer Flashmobs ausgelöst. In Städten wie Santiago de Chile, Mexiko, Paris, Amsterdam und Berlin fanden sich in den vergangenen Tagen Frauen zusammen, um die ungestrafte Gewalt an Frauen anzuprangern.
Die Flashmobs sind beeindruckend: Große Gruppen von Frauen treten mit schwarzen Augenbinden auf, in Sprechgesängen protestieren sie gegen die häufig vertretene Ansicht, dass die Opfer - durch ihr Verhalten, ihre Kleidung oder ihren Aufenthaltsort - irgendwie selbst für ihre Vergewaltigung verantwortlich sind.
Ihr Auftritt beginnt mit "Es war nicht meine Schuld" und endet mit der Parole "Der Vergewaltiger bist Du!" - wobei sie die Fäuste zum Himmel recken und neben den Tätern auch tatenlose Polizisten, Richter und Politiker sowie eine patriarchalische Gesellschaft insgesamt anprangern.
Hinter "Ein Vergewaltiger auf Deinem Weg" ("Un violador en tu camino") stehen vier 31 Jahre alte Frauen: Die Künstlerinnen Sibila Sotomayor und Dafne Valdés, die Mode-Designerin Paula Cometa und die Kostüm-Schneiderin Lea Cáceres. Sie gründeten nach einem besonders spektakulären Vergewaltigungsfall in Chile das Kollektiv Las Tesis; ihre Performance führten sie dann erstmals am 20. November in Valparaiso auf.
Am 25. November, dem internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen, wurde das knapp zwei Minuten dauernde Stück dann in größerem Rahmen in Santiago de Chile aufgeführt. Schon zwei Tage später wurde es aus dem Spanischen übersetzt und von tausenden Frauen in Europa und den USA übernommen.
Der Erfolg der Performance "Ein Vergewaltiger auf Deinem Weg" beruht auf ihrer einprägsamen Choreographie und Aussage. In Santiago kamen am Mittwochabend bereits 10.000 Chileninnen vor dem Stadion für einen Flashmob für "Seniorinnen" ab 40 Jahren zusammen.
(N.Loginovsky--DTZ)