
Europäer wollen bei IAEA-Sitzung Iran-kritische Resolution einbringen

Bei der am Montag begonnenen Sitzung des Kontroll- und Lenkungsorgans der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) droht ein neuer Rückschlag für die Bemühungen um eine Wiederbelebung des internationalen Atomabkommens mit dem Iran. Nach Angaben von Diplomaten wollen die europäischen Unterzeichnerstaaten des Abkommens, Frankreich, Deutschland und Großbritannien, bei der Quartalssitzung des IAEA-Gouverneursrats eine Verurteilung der iranischen Entscheidung erreichen, nur noch eingeschränkte Inspektionen zuzulassen.
Den Angaben zufolge könnten Frankreich, Deutschland und Großbritannien eine entsprechende Resolution am Freitag zur Abstimmung vorgelegen. In einem auch von den USA unterstützen Textentwurf äußern die drei Länder ihre "ernste Besorgnis" über das Vorgehen des Iran und fordern ihn auf, "unverzüglich" die Inspektionen in vollem Umfang wieder zuzulassen.
Der Text könnte zum vorzeitigen Ende einer Übergangslösung führen, mit der IAEA-Generaldirektor Rafael Grossi vor rund einer Woche noch schärfere Einschnitte in die Überwachung des iranischen Atomprogramms knapp verhindert hatte. In einem von der iranischen Vertretung in Wien verbreiteten Dokument droht Teheran für den Fall einer Iran-kritischen Resolution mit dem Abbruch der dreimonatigen Übergangslösung.
Ein Diplomat sagte angesichts der Drohungen, dieses "Risiko" müsse eingegangen werden. Es gehe um die "Glaubwürdigkeit der Behörde"; sie dürfe sich der "Erpressung" durch den Iran nicht beugen.
Zum Auftakt der Quartalssitzung des Gouverneursrats hatte Grossi eindrücklich davor gewarnt, die Kontrollen der iranischen Atomanlagen als Druckmittel bei den Verhandlungen über die Zukunft des internationalen Atomabkommens mit Teheran einzusetzen. Er bezeichnete die Beschränkungen als "riesigen Verlust". Noch aber sei seine Behörde in der Lage, die Menge des vom Iran angereicherten Urans zu überprüfen.
Der IAEA-Chef rief dazu auf, der Diplomatie mehr Zeit zu lassen und nicht schon "nach sieben oder acht Tagen aufzugeben". Alle Seiten müssten "konstruktive Diskussionen führen und die Arbeit der Behörde sichern".
Die fünf UN-Vetomächte USA, Frankreich, Großbritannien, Russland und China sowie Deutschland hatten das Atomabkommen mit dem Iran im Juni 2015 nach jahrelangen Verhandlungen geschlossen. Es soll die Islamische Republik am Bau von Atomwaffen hindern. Der frühere US-Präsident Donald Trump kündigte die Vereinbarung jedoch 2018 auf und ließ neue Sanktionen gegen den Iran verhängen, unter denen die Wirtschaft des Landes massiv leidet. Teheran zog sich seinerseits seither schrittweise von seinen Verpflichtungen aus dem Abkommen zurück.
Trumps Nachfolger Joe Biden will das Abkommen wiederbeleben, verlangt jedoch, dass Teheran vor einer Aufhebung der Sanktionen die Vereinbarung wieder einhält. Dagegen macht der Iran die Aufhebung der US-Strafmaßnahmen zur Vorbedingung dafür, dass das Land sich wieder in vollem Umfang an das Abkommen hält. Mit der von Grossi ausgehandelten dreimonatigen Übergangslösung sollte Zeit geschaffen werden, um einen Kompromiss zwischen beiden Seiten zu finden.
(I.Beryonev--DTZ)