Deutsche Tageszeitung - EU-Gipfel will Exportkontrollen für Corona-Impfstoff unterstützen

EU-Gipfel will Exportkontrollen für Corona-Impfstoff unterstützen


EU-Gipfel will Exportkontrollen für Corona-Impfstoff unterstützen
EU-Gipfel will Exportkontrollen für Corona-Impfstoff unterstützen / Foto: ©

Angesichts anhaltender Lieferprobleme bei Corona-Impfstoffen will sich der EU-Gipfel für die Kontrolle von Ausfuhren in Drittstaaten aussprechen. "Wir betonen die Wichtigkeit von Transparenz sowie die Verwendung von Exportgenehmigungen", hieß es im Entwurf der Gipfel-Schlussfolgerungen am Donnerstag. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) forderte, angesichts der Probleme in der Pandemie "schonungslos" die Schwächen der EU zu analysieren.

Textgröße ändern:

Die Hersteller der Vakzine müssten ihre vertraglichen Liefertermine einhalten, heißt es im Entwurf der Gipfel-Erklärung. Hintergrund ist insbesondere der Streit mit dem britisch-schwedischen Hersteller Astrazeneca. Er sollte laut EU-Kommission im ersten Quartal 120 Millionen Dosen liefern. Nun werden es bestenfalls 30 Millionen Dosen.

Die EU-Kommission hatte wegen des Streits am Mittwoch die EU-Exportregeln deutlich verschärft. Nun sind Ausfuhrverbote möglich, wenn ein Zielland selbst Impfstoff produziert, aber nicht exportiert, oder wenn dessen Bevölkerung bereits weitgehend geimpft ist.

Im Fokus steht vor allem Großbritannien. Die EU hat den Verdacht, dass Astrazeneca die Briten bevorzugt beliefert - auch mit Impfstoffen, die in der EU produziert werden. Laut EU-Kommission gingen bisher 21 Millionen Dosen ins Vereinigte Königreich. Insgesamt exportierte die EU 77 Millionen Dosen.

Der britische Gesundheitsminister Matt Hancock goss mit Interview-Äußerungen nochmals Öl ins Feuer. Großbritannien habe "einen Exklusiv-Vertrag" mit Astrazeneca, sagte er der "Financial Times". "Unser Vertrag übertrumpft den ihren. Das nennt man Vertragsrecht - so einfach ist das."

Allerdings gab es aus den Reihen der EU-Staaten auch Warnungen vor Exportverboten. Es sei nicht ratsam, wegen "eines einzelnen schwarzen Schafes" die globalen Wertschöpfungsketten von Impfstoffen zu gefährden, sagte ein EU-Diplomat.

Mit Unternehmen wie Biontech/Pfizer und Moderna gebe es schließlich keine Probleme. Auch ein deutscher Regierungsvertreter hatte am Mittwoch wegen möglicher Vergeltungsaktionen davor gewarnt, "am Ende ein größeres Problem" zu schaffen.

Österreichs Kanzler Sebastian Kurz will beim Gipfel unterdessen auf eine nachträgliche Umverteilung der über die EU beschafften Impfstoffe dringen. Mitte März hatten Wien und fünf weitere Regierungen einen "Korrekturmechanismus" gefordert, weil sie sich bei der Impfstoffvergabe benachteiligt sehen. Neben Österreich beschwerten sich auch Tschechien, Slowenien, Bulgarien, Kroatien und Lettland.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen schlug daraufhin vor, zehn Millionen Dosen des Impfstoffs von Biontech/Pfizer, die nun vorgezogen im zweiten Quartal geliefert werden, für einen Ausgleich zu nutzen. Bisher erzielten die Mitgliedstaaten in diesem Punkt aber keine Einigung.

Merkel verteidigte vor dem Hintergrund des Verteilungsstreits die gemeinsame Impfstoffbeschaffung. Sie wolle sich gar nicht vorstellen, was passiert wäre, wenn einige EU-Staaten Impfstoffe hätten und andere nicht, sagte sie im Bundestag. "Das würde den Binnenmarkt in seinen Grundfesten erschüttern."

Laut einer Studie des Kreditversicherers Euler Hermes liegt die EU mittlerweile sieben Wochen hinter ihren eigenen Impfzielen und "die Verzögerung verschlimmert sich". Vor einem Monat waren es demnach noch fünf Wochen. "Wenn dies nicht kompensiert wird, könnte das die europäische Wirtschaft im Jahr 2021 (...) fast 123 Milliarden Euro kosten."

(M.Dylatov--DTZ)

Empfohlen

Finanzminister der Eurogruppe beraten in Luxemburg

Die Finanzminister der Eurogruppe treffen sich am Donnerstag zu Gesprächen in Luxemburg (15.00 Uhr MESZ). Auf der Tagesordnung stehen unter anderem die Entwicklungen der nationalen Haushalte sowie die Aufnahme Bulgariens in die Währungsunion. Für Deutschland nimmt Finanzminister und Vizekanzler Lars Klingbeil (SPD) an dem Treffen teil.

Boliviens Präsident Arce warnt vor Staatsbankrott

Boliviens Präsident Luis Arce hat angesichts einer schweren Wirtschaftskrise vor einem drohenden Staatsbankrott gewarnt, sollte das Land keine neuen Kredite erhalten. "Wir haben die volle Absicht, unsere Schulden zu begleichen - aber was, wenn uns die Mittel fehlen?", sagte Arce am Mittwoch (Ortszeit) der Nachrichtenagentur AFP in seinem Büro in La Paz. Die wirtschaftliche Lage hatte zuletzt zu Protesten und schlechten Umfragewerten für den Präsidenten geführt.

DR Kongo: Human Rights Watch wirft M23-Miliz Verschleppung von Zivilisten vor

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) hat der M23-Miliz vorgeworfen, mehr als 1500 Zivilisten aus der Demokratischen Republik Kongo nach Ruanda verschleppt zu haben. HRW sprach in einem am Mittwoch veröffentlichten Bericht von einem "Kriegsverbrechen". Die Miliz und Ruanda, das M23 unterstützt, müssten aufhören, Bürger der DR Kongo oder ruandische Flüchtlinge, die im Kongo leben, zu verschleppen.

UN-Sicherheitsrat befasst sich am Freitag erneut mit Israel-Iran-Konflikt

Der UN-Sicherheitsrat wird sich am Freitag erneut mit dem eskalierten Konflikt zwischen Israel und dem Iran befassen. Das gab der Vorsitz des wichtigsten Gremiums der Vereinten Nationen am Mittwoch bekannt. Nach Angaben aus Diplomatenkreisen wurde das Treffen vom Iran beantragt; das Land wurde dabei von Russland, China und Pakistan unterstützt. Angesetzt wurde das Treffen auf 10.00 Uhr (Ortszeit; 16.00 Uhr MESZ).

Textgröße ändern: