
Parteien streiten vor Jamaika-Sondierungen über Verfahrensfragen

Noch vor Sondierungen über ein Jamaika-Bündnis gibt es in den Parteien Streit über das Vorgehen bei den Verhandlungen. Während FDP und Grüne sich am Wochenende zunächst für Zwei-Parteien-Gespräche aussprachen, lehnte die CSU ein solches Vorgehen strikt ab. Die Grünen machten auf einem kleinen Parteitag derweil den Weg für Gespräche frei. Die SPD beharrt darauf, in jedem Fall in die Opposition zu gehen.
"Wir legen Wert darauf, dass zunächst bilateral gesprochen wird. Also FDP und Union, FDP und Grüne, Union und Grüne", sagte FDP-Chef Christian Lindner in einem Interview. Dies bedeute, dass sich CDU und CSU vorher auf eine Linie verständigen müssten. Auch bei den Grünen bräuchten die Politiker Winfried Kretschmann und Jürgen Trittin "erst einmal eine gemeinsame Position". Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt forderte den gleichen Fahrplan wie Lindner: "Wir wollen, dass es vor den offiziellen Sondierungsgesprächen jeweils bilaterale Treffen gibt. Dass sich also Grüne und FDP, Grüne und Union, FDP und Union treffen."
CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt wandte sich gegen ein solches Vorgehen. "Vertrauensvolle Gespräche kann es nur geben, wenn alle vier Partner am Tisch sitzen. Das sollte man als Erstes vereinbaren", sagte Dobrindt der Zeitung. "Wenn FDP und Grüne glauben, sie könnten in Zweierrunden schon mal Absprachen treffen oder Ministerposten verteilen, haben sie sich getäuscht."
Nach der Absage der SPD an eine Neuauflage der großen Koalition ist derzeit nur ein Jamaika-Bündnis möglich. Es wäre die erste schwarz-grün-gelbe Regierungskoalition auf Bundesebene; bei zahlreichen Positionen bestehen allerdings erhebliche Differenzen zwischen den vier beteiligten Parteien CDU, CSU, FDP und Grünen.
Die Grünen machten bereits den Weg für Sondierungen frei. Ein kleiner Parteitag stimmte am Samstag bei lediglich drei Enthaltungen für Gespräche mit Union und FDP über eine gemeinsame Regierungsbildung. Die Spitzen von Partei und Fraktion warben für die Sondierungen, die in der zweiten Oktoberhälfte beginnen könnten. Die Grünen könnten nach der Wahl nicht sagen, Jamaika "ist uns leider zu schwierig", sagte Spitzenkandidatin Göring-Eckardt. Die Partei bestimmte auch eine 14-köpfige Verhandlungsdelegation. Geleitet wird das Team von den beiden Spitzenkandidaten Göring-Eckardt und Cem Özdemir. Weitere Mitglieder sind der baden-württembergische Ministerpräsident Kretschmann und der Parteilinke Trittin.
CDU-Vize Armin Laschet zeigte sich angesichts von Positionen der Grünen in der Umwelt- und Energiepolitik skeptisch. Er pflege seit Jahren "gute und freundschaftliche Beziehungen" zu vielen bei den Grünen, aber gegenwärtig beobachte er, dass sie nur in "Ausstiegsszenarien" dächten: "Ausstieg aus dem Diesel, Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor, Ausstieg aus der Braunkohle und der Steinkohle", sagte der nordrhein-westfälische Ministerpräsident der "Welt am Sonntag".
Die rheinland-pfälzische SPD-Ministerpräsidentin Malu Dreyer bekräftigte derweil das Nein der Sozialdemokraten zu einer Fortsetzung des Bündnisses mit der Union. Die Festlegung, in die Opposition zu gehen, sei "unumstößlich", sagte Dreyer den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. FDP und CSU kritisierten erneut diese Haltung der SPD. (V.Korablyov--DTZ)