
Hamas bekennt sich nach Verlängerung der Feuerpause zu Angriffen im Westjordanland

Nach der Verlängerung der Feuerpause mit Israel im Gazastreifen hat sich die islamistische Palästinenserorganisation Hamas zu einem Anschlag in Jerusalem mit mindestens drei Toten bekannt. Der Angriff, bei dem mehrere weitere Menschen verletzt wurden, sei eine "natürliche Antwort auf die beispiellosen Verbrechen der Besatzer", erklärte die Hamas. US-Außenminister Antony Blinken bezeichnete den Angriff als Erinnerung an die "Bedrohung, mit der Israelis Tag für Tag konfrontiert sind".
Bei dem Angriff am westlichen Stadtrand Jerusalems wurden nach Polizeiangaben eine 24-jährige und eine 67-jährige Frau sowie ein 73-jähriger Mann getötet. Mehrere weitere wurden demnach verletzt.
Den Angaben zufolge fuhren die Angreifer mit einem Auto vor und schossen mit einem Sturmgewehr vom Typ M16 und einer Pistole auf die Menschen. Die Angreifer seien "schnell von zwei Soldaten, die nicht im Dienst waren, und einem Zivilisten durch Schüsse getötet worden".
Die Hamas bekannte sich wenige Stunden später zu dem Angriff und rief zu einer "Eskalation des Widerstands" auf. Die Angreifer seien ein 30 und ein 38 Jahre alter Mann aus Ost-Jerusalem gewesen, beide Mitglieder des bewaffneten Flügels der Hamas.
Im von Israel besetzten Westjordanland wurden nach Angaben der israelischen Armee bei einem Angriff auf einen Checkpoint mit einem Auto zwei Soldaten leicht verletzt. Der Angreifer sei mit Schüssen "neutralisiert" worden, hieß es weiter.
Seit dem Großangriff der im Gazastreifen herrschenden Hamas auf Israel am 7. Oktober hat die israelische Armee auch im Westjordanland ihre Einsätze verstärkt. Auch die Gewalt extremistischer jüdischer Siedler gegen Palästinenser hat seitdem zugenommen.
US-Außenminister Blinken traf in der Nacht zum Donnerstag zu seinem dritten Besuch in Israel seit dem 7. Oktober ein. Blinken besuchte zunächst Israels Staatschef Isaac Herzog und später Regierungschef Benjamin Netanjahu. Mit Blick auf die Lage im Gazastreifen pochte Blinken laut Außenministeriumssprecher Matthew Miller auf den bestmöglichen Schutz der Zivilbevölkerung dort.
Am frühen Nachmittag reiste Blinken weiter nach Ramallah im Westjordanland. Wie AFP-Journalisten berichteten, traf Blinken am dortigen Hauptquartier der Palästinensischen Behörde für ein Treffen mit Palästinenserpräsident Mahmud Abbas ein. Die von Abbas geleitete Behörde übt formell die politische Kontrolle über das Westjordanland aus - während im Gazastreifen seit 2007 die Hamas regiert.
Vor den Angriffen in Jerusalem und im Westjordanland hatten die israelische Armee und die Hamas am Morgen eine weitere Fortsetzung der seit Freitag anhaltenden Feuerpause im Gazastreifen verkündet - kurz, bevor diese eigentlich ausgelaufen wäre. Die Hamas erklärte, die Waffenruhe werde um einen weiteren Tag verlängert. Später sagte ein Hamas-Vertreter, zehn weitere israelische Geiseln würden aus ihrer Gefangenschaft freigelassen.
Am Mittwoch waren 16 Geiseln freigelassen worden. Wie Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) bestätigte, haben drei von ihnen auch die deutsche Staatsbürgerschaft. Daneben wurden nach Angaben des Vermittlers Katar vier thailändische Geiseln und zwei russisch-israelische Frauen unabhängig von der Einigung zwischen Hamas und Israel freigelassen.
Später meldete die israelische Strafvollzugsbehörde die Freilassung von 30 palästinensischen Gefangenen, darunter die bekannte Aktivistin Ahed Tamimi.
Insgesamt wurden damit bisher seit Inkrafttreten der Waffenruhe am vergangenen Freitag 70 israelische Frauen und Kinder sowie etwa 30 weitere ausländische Geiseln, überwiegend Gastarbeiter aus Thailand, von der Hamas freigelassen. Im Gegenzug entließ Israel bislang 210 palästinensische Häftlinge aus seinen Gefängnissen.
Bei ihrem Überfall am 7. Oktober hatte die Hamas rund 240 Menschen verschleppt. Hunderte Kämpfer der von den USA und der EU als Terrororganisation eingestuften Miliz waren nach Israel eingedrungen und hatten nach israelischen Angaben auch etwa 1200 Menschen getötet.
Israel bombardierte als Reaktion wochenlang massiv Ziele im Gazastreifen. Angaben der Hamas zufolge, die sich nicht unabhängig überprüfen lassen, wurden seitdem fast 15.000 Menschen in dem Palästinensergebiet getötet.
se/ju
Unterdessen kündigte ein Hamas-Vertreter für Donnerstag die Freilassung zehn weiterer israelischer Geiseln an.
(O.Tatarinov--DTZ)