Deutsche Tageszeitung - Israelische Armee übernimmt im Gazastreifen Kontrolle über Grenzübergang Rafah

Israelische Armee übernimmt im Gazastreifen Kontrolle über Grenzübergang Rafah


Israelische Armee übernimmt im Gazastreifen Kontrolle über Grenzübergang Rafah
Israelische Armee übernimmt im Gazastreifen Kontrolle über Grenzübergang Rafah / Foto: © Israeli Army/AFP

Sieben Monate nach Beginn des Gazakrieges hat die israelische Armee die im Gazastreifen gelegene Seite des Grenzübergangs Rafah unter ihre Kontrolle gebracht. Auf Aufnahmen der Armee waren Panzer mit israelischer Flagge zu sehen, die Streitkräfte hatten nach eigenen Angaben die "operative Kontrolle" über die palästinensische Seite des Übergangs zu Ägypten. International gab es zahlreiche Warnungen vor einem massiven Militäreinsatz Israels in Rafah.

Textgröße ändern:

Die Streitkräfte erklärten zum Einsatz am Grenzübergang Rafah, dieser sei "sehr begrenzt" und richte sich gegen "sehr spezifische Ziele". Die israelische Armee hatte die an der Grenze zu Ägypten gelegene Stadt zuvor in der Nacht zum Dienstag aus der Luft angegriffen, wie ein AFP-Reporter berichtete. Das kuwaitische Krankenhaus in der Stadt erklärte, 23 Menschen seien bei israelischen Angriffen getötet worden, das dortige Nadschar-Krankenhaus sprach von vier weiteren Todesopfern.

Ein Sprecher der UN-Hilfsorganisation OCHA erklärte nach der Übernahme des Übergangs Rafah durch Israel, ihren Mitarbeitern sei der Zugang in den Gazastreifen von israelischer Seite aus verwehrt worden. Dies gehe auf eine Entscheidung der für Hilfslieferungen in Palästinensergebiete zuständige israelische Behörde Cogat zurück.

Am Montag hatte Israel die Bewohner im Osten Rafahs zur Evakuierung aufgerufen. In der Stadt haben mehr als eine Million Menschen Zuflucht vor den Kämpfen zwischen Israels Armee und der islamistischen Palästinenserorganisation Hamas gesucht.

Die israelische Regierung hält trotz massiver internationaler Kritik an ihren Plänen für eine Bodenoffensive in Rafah fest. Sie bezeichnet die Stadt im Süden des Gazastreifens als letzte verbliebene Hochburg der Hamas.

Israel griff Rafah an, nachdem am Sonntag der bewaffnete Arm der Hamas den Grenzübergang Kerem Schalom zwischen Israel und dem Gazastreifen mit Raketen beschossen und dabei vier israelische Soldaten getötet hatte.

Am Dienstag feuerten die Essedin-al-Kassam-Brigaden eigenen Angaben zufolge erneut Raketen auf Kerem Schalom ab. Die Geschosse seien auf eine "Ansammlung" israelischer Soldaten abgefeuert worden, erklärten die Brigaden.

International herrschte große Sorge angesichts des militärischen Geschehens im Gazastreifen. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell warnte vor einer hohen Zahl ziviler Opfer unter der palästinensischen Bevölkerung. Der deutsche Entwicklungsstaatssekretär Jochen Flasbarth (SPD) sagte bei einem Treffen mit EU-Kollegen in Brüssel, Israel müsse "das Völkerrecht auch in dieser Kriegssituation respektieren".

Die belgische Entwicklungsministerin und amtierende EU-Ratsvorsitzende Caroline Gennez brachte Sanktionen der EU gegen Israel ins Gespräch. China rief Israel laut einem Sprecher des Außenministeriums "nachdrücklich" auf, die "Angriffe auf Rafah einzustellen".

Nach Angaben des Büros des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu wird Israel eine "hochrangige Delegation nach Ägypten schicken", um weiter über eine Feuerpause zu verhandeln. Weiter hieß es, das israelische Kriegskabinett habe einstimmig beschlossen, dass Israel "die Operation in Rafah fortsetzt", um militärischen Druck auf die Hamas auszuüben, um die Freilassung der Geiseln und die anderen Ziele des Krieges voranzutreiben.

Der ranghohe Hamas-Vertreter Chalil al-Hajja erklärte zu einem von seiner Organisation akzeptierten, von Israel aber verworfenen Vorschlag zu einer Waffenruhe, dieser sehe eine dreistufige Feuerpause mit dem Ziel eines dauerhaften Waffenstillstands vor.

Er beinhalte Pläne für einen vollständigen Rückzug Israels aus dem Gazastreifen, die Rückkehr der durch den anhaltenden Krieg vertriebenen Palästinenser sowie einen Austausch von Geiseln und Gefangenen.

Die israelische Offensive im Gazastreifen war durch den beispiellosen Großangriff der Hamas auf Israel vom 7. Oktober ausgelöst worden. Dabei wurden nach israelischen Angaben etwa 1170 Menschen getötet und rund 250 weitere als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt.

Durch die anschließenden israelischen Angriffe im Gazastreifen wurden nach Angaben des von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums, die sich nicht unabhängig überprüfen lassen, inzwischen fast 34.800 Menschen getötet.

(P.Tomczyk--DTZ)

Empfohlen

Drusen erobern Stadt Suwaida in Südsyrien vollständig zurück

Nach tagelangen Gefechten haben Kämpfer der islamischen Minderheit der Drusen die Stadt Suwaida im Süden Syriens nach Angaben von Aktivisten vollständig unter ihre Kontrolle gebracht. Nach einem Großangriff der Drusen hätten sich "die Stammeskämpfer am Samstagabend aus Suwaida zurückzogen", teilte die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit. Das syrische Innenministerium bestätigt ein Ende der Kämpfe in der Stadt und die "Evakuierung" der Stammeskämpfer. In anderen Teilen der Provinz Suwaida hielten die Kämpfe indes an.

Klingbeil fordert Wiederholung der Richterwahl von Brosius-Gersdorf

Vizekanzler Lars Klingbeil (SPD) hält an der Kandidatur von Frauke Brosius-Gersdorf für das Bundesverfassungsgericht fest und fordert eine Wiederholung der Richterwahl im Bundestag. Nachdem die Bedenken seitens der Union gegen Brosius-Gersdorf wegen angeblicher Plagiatsvorwürfe ausgeräumt seien, "können wir die Wahl wieder auf die Tagesordnung des Bundestags setzen", sagte Klingbeil der "Bild am Sonntag". Für ihn sei es "eine prinzipielle Frage, ob man dem Druck von rechten Netzwerken nachgibt, die eine hoch qualifizierte Frau diffamiert haben."

Hamas-Zivilschutz: 39 Menschen nahe Hilfszentren im Gazastreifen getötet

In der Nähe zweier Hilfszentren im Gazastreifen sind nach Angaben der Hamas-Behörden durch israelischen Beschuss 39 Menschen getötet worden. Mehr als hundert Menschen seien zudem verletzt worden, erklärte der von der radikalislamischen Hamas geführte Zivilschutz am Samstag. Die von den USA und Israel unterstützte Stiftung Gaza Humanitarian Foundation (GHF) bezeichnete die Berichte über die Toten nahe ihren Hilfszentren als "falsch". Die israelischen Streitkräfte gaben an, Warnschüsse abgegeben zu haben und kündigten eine Überprüfung des Vorfalls an.

Wadephul offen für Abschiebung straffälliger Asylbewerber nach Syrien

Bundesaußenminister Johann Wadephul (CDU) hat sich nach der Abschiebung straffälliger Asylbewerber nach Afghanistan offen dafür gezeigt, mit straffällig gewordenen Syrern in ähnlicher Weise zu verfahren. Es müsse grundsätzlich möglich sein, "in Zukunft straffällig gewordene Syrer in das Land abzuschieben", sagte Wadephul der "Bild am Sonntag". Entscheidend dafür sei die Sicherheitslage in dem Land.

Textgröße ändern: