Deutsche Tageszeitung - Linke fordert "Neustart" der EU - verzichtet aber auf Fundamentalkritik

Linke fordert "Neustart" der EU - verzichtet aber auf Fundamentalkritik


Linke fordert "Neustart" der EU - verzichtet aber auf Fundamentalkritik
Linke fordert "Neustart" der EU - verzichtet aber auf Fundamentalkritik / Foto: ©

Die Linke will einen "Neustart" der EU, verzichtet aber auf Fundamentalkritik an der Gemeinschaft. "Gemeinsam mit anderen linken Parteien stehen wir für einen grundlegenden Politikwechsel in der Europäischen Union", heißt es in dem auf dem Bonner Linken-Parteitag beratenen Programm für die Europawahl. Bei der Abstimmung gehe es um eine "Richtungsentscheidung", sagte Parteichef Bernd Riexinger vor den Delegierten.

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Die Linke bekennt sich in dem Programm zum Erhalt der EU: "Der Rückzug hinter nationale Grenzen und Mauern ist für uns keine Option". Erfolg im Kampf gegen Rechts könne es nur geben, "wenn wir die Grundlagen ändern, von denen die extreme Rechte zehrt". Dazu gehöre die "unsoziale Politik von Wettbewerbsfähigkeit, Schuldenbremse, Privatisierung und die Aushöhlung der Demokratie".

Ein von der Antikapitalisten Linken (AKL) eingebrachter Änderungsantrag, in dem es hieß, die EU sei nicht zu reformieren, fand auf dem Parteitag keine Mehrheit. Die Delegierten lehnten auch einen vom Forum demokratischer Sozialisten eingebrachten Änderungsantrag ab, der die stärkere Einigung in einer "Republik Europa" befürwortete.

In der Arbeitsmarktpolitik tritt die Linke für eine verbindliche europäische Regelung für einen Mindestlohn ein, der jeweils oberhalb von 60 Prozent der mittleren Verdienste liegen solle. Zudem müsse es "einen Rettungsschirm für die Beschäftigten statt für die Banken" sowie eine Europäische Arbeitslosenversicherung geben.

Im Kampf für bezahlbare Mieten spricht sich die Linke dafür aus, die Enteignung von Wohnungen zu ermöglichen. Zudem sollten die Möglichkeiten ausgeweitet werden, leerstehende Wohnungen zu beschlagnahmen.

Die abschließende Abstimmung zum Wahlprogramm stand am Samstag zunächst noch aus. Danach sollten die beiden Spitzenkandidaten für die Europawahl gekürt werden: Nominiert waren die nordrhein-westfälische Ex-Landesparteichefin Özlem Alev Demirel und der Europaabgeordnete Martin Schirdewan.

Riexinger sagte vor den Delegierten, bei den Wahlen zum Europaparlament stehe "viel auf dem Spiel". Es könnten die Regierenden bestätigt werden, die verantwortlich seien für ein "Europa der sozialen Spaltung". Und es könne zu einem "Rechtsruck", unter anderem mit der AfD, kommen. "Oder es gibt eine starke Linke, die den klaren Gegenpol zu beidem bildet", fügte der Parteichef hinzu.

Der Präsident der Europäischen Linken, Gregor Gysi, rief seine Parteifreunde in Deutschland auf, mit positiven Botschaften in den Europa-Wahlkampf zu ziehen. "Wir treten an, weil wir die europäische Integration wollen", sagte er. Das müsse ebenso wie das Eintreten für die dringend erforderlichen Reformen "unsere Botschaft" sein, sagte der frühere Fraktionschef der Linken.

Der aktuelle Fraktionschef Dietmar Bartsch rief seine Partei in Bonn dazu auf, sich stärker einer Zusammenarbeit mit der SPD zu öffnen. Deren Abkehr von Hartz IV "müssen wir ernst nehmen", sagte er auf dem Parteitag.

Auch der von der SPD ausgerufene Kampf gegen Altersarmut und ein Mindestlohn von zwölf Euro seien die Themen der Linken, fügte der Fraktionschef hinzu. Deshalb solle seine Partei jeden Schritt mitgehen, der positiv sei. Es brauche "konkrete Machtoptionen, um zu verändern".

(V.Korablyov--DTZ)

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