Deutsche Tageszeitung - Von der Leyen wirbt mit engagierter Rede für Wahl zur Juncker-Nachfolgerin

Von der Leyen wirbt mit engagierter Rede für Wahl zur Juncker-Nachfolgerin


Von der Leyen wirbt mit engagierter Rede für Wahl zur Juncker-Nachfolgerin
Von der Leyen wirbt mit engagierter Rede für Wahl zur Juncker-Nachfolgerin / Foto: ©

Mit einer engagierten und teils persönlich gefärbten Rede hat Ursula von der Leyen im Europaparlament für ihre Wahl zur nächsten EU-Kommissionspräsidentin geworben. Sie kündigte am Dienstag in Straßburg an, die Einheit Europas gegen Versuche der Spaltung und globale Herausforderungen zu verteidigen. Beim Kampf gegen den Klimawandel will die CDU-Politikerin Europa bis 2050 zum ersten klimaneutralen Kontinent der Welt machen.

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Die in Brüssel geborene von der Leyen hielt Ihre Rede auf Französisch, Deutsch und Englisch. Erstes zentrales Thema war der Kampf gegen den Klimawandel. Sie versprach, in ihren ersten 100 Tagen im Amt einen "Green Deal für Europa" vorzulegen. Sie kündigte ein Gesetz an, in dem das Ziel festgeschrieben ist, bis zum Jahr 2050 Klimaneutralität zu erreichen.

Von der Leyen bezeichnete dabei das bisherige EU-Etappenziel einer Reduzierung der Treibhausgase um 40 Prozent bis 2030 als nicht ausreichend. Die EU müsse "weiter gehen", sagte sie. Sie stellte eine Verringerung "um 50 Prozent, wenn nicht 55 Prozent" in Aussicht.

Es erfülle sie mit "großem Stolz", dass mit ihr nun erstmals eine Frau Kandidatin für den Posten der EU-Kommissionspräsidentin sei, sagte von der Leyen. Sie verwies auf ihre eigene Familiengeschichte und Erzählungen ihres Vaters über die Schrecken des Krieges und das Friedenswerk, das durch den Aufbau Europas geschaffen wurde.

Angesichts von Herausforderungen wie Klimawandel, demografischem Wandel und Digitalisierung müsse die EU nun Einheit zeigen und für ihre Werte einstehen, sagte von der Leyen. Heute sei klar, "dass wir wieder kämpfen müssen, dass wir wieder aufstehen müssen für unsere Europa", sagte sie. Sie wolle für ein einiges Europa kämpfen. "Wer aber Europa schwächen, spalten und ihm seine Werte nehmen will, der findet in mir eine erbitterte Gegnerin."

Von der Leyen war nach schwierigen Verhandlungen von den Staats- und Regierungschefs Anfang Juli als Nachfolgerin von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker vorgeschlagen worden. Das Europaparlament entscheidet am Dienstagabend über die Ernennung. Von der Leyen braucht dabei eine Mehrheit der 747 Mandate im Parlament, also mindestens 374 Stimmen. Diese war im Vorfeld der Abstimmung nicht sicher.

Die Sozialdemokraten, die mit 153 Abgeordneten die zweitgrößte Gruppe im Parlament stellen, wollen nach der bis zum Mittag angesetzten Debatte bei einer Fraktionssitzung über ihr Abstimmungsverhalten diskutieren. Bisher ist die Gruppe in der Frage gespalten, vor allem die 16 SPD-Abgeordneten lehnen die CDU-Politikerin strikt ab.

Die SPD-Vertreter kritisieren insbesondere, dass mit von der Leyen eine Kommissionschefin nominiert wurde, die keine Spitzenkandidatin der Parteien bei der Europawahl war. Sie sprach sich im Parlament dafür aus, das Spitzenkandidaten-System zu reformieren und "sichtbarer" zu machen. Dies brachte ihr im Plenum teils Beifall, teils aber auch Gelächter ein.

Von der Leyen bekräftigte zudem, sie wolle dem Parlament ein Initiativrecht für Gesetzesvorhaben geben. Sie verpflichte sich, jeden Vorschlag in einem Rechtsakt aufzugreifen, der eine Mehrheit der Mitglieder der Volksvertretung bekomme.

Bei der Reform Europa forderte die scheidende Bundesverteidigungsministerin eine umfassende Bürgerbeteiligung in sogenannten "Konferenzen für Europa". Sie sollen 2020 beginnen und über zwei Jahre gehen.

Von der Leyen verwies zum Schluss auf ihre sieben Kinder: Sie sagten ihr zurecht: "Spielt nicht auf Zeit, macht was draus". Dies wolle sie als Kommissionschefin tun.

Die Wahl ab 18.00 Uhr findet in geheimer Abstimmung statt. Die Auszählung der Stimmzettel kann einem Sprecher des Parlaments zufolge bis 20.00 Uhr dauern.

(I.Beryonev--DTZ)