Deutlicher Dämpfer für Präsident Putin bei Wahlen zum Stadtrat in Moskau
Bei der Kommunalwahl in Moskau hat der russische Präsident Wladimir Putin einen deutlichen Dämpfer erhalten: Die Kreml-treuen Kandidaten errangen nach den am Montag vorliegenden Auszählungsergebnissen nur noch 25 von 45 Sitzen im Stadtparlament, 13 weniger als vor fünf Jahren. Landesweit gewannen bei den Gouverneurswahlen jedoch die vom Kreml unterstützten Kandidaten. Die UNO forderte eine Untersuchung der Polizeigewalt bei den Demonstrationen der vergangenen Wochen.
Gewinne verzeichneten in Moskau vor allem die Kommunisten, die künftig 13 statt fünf Mandate haben, außerdem die liberale Jabloko-Partei und die linksgerichtete Partei Gerechtes Russland. Die Kreml-Partei Einiges Russland hat in der Hauptstadt ein derart schlechtes Image, dass ihre Kandidaten diesmal als "Unabhängige" antraten.
Der Oppositionspolitiker Alexej Nawalny, der selbst nicht zur Wahl zugelassen worden war, hatte die Bürger vor dem Wahlgang zu einer "intelligenten" Nutzung ihres Stimmrechts aufgerufen - sie sollten jeweils für Kandidaten stimmen, die für einen Sieg gegen die Kreml-Treuen die besten Aussichten hatten.
Nawalny und die Oppositionspolitikerin Ljubow Sobol feierten den Wahlausgang am Montag als Erfolg gegen die "Niedertracht" des Kreml im Vorgehen gegen die Demonstranten. Die Wahlbeteiligung in Moskau lag nur bei knapp 22 Prozent.
Kreml-Sprecher Dmitri Peskow spielte die Verluste für Putins Partei in Moskau herunter und verwies dagegen auf das "sehr erfolgreiche" Abschneiden von Einiges Russland in anderen Regionen des Landes.
In St. Petersburg, der zweitgrößten Stadt Russlands, wurde der Kreml-Kandidat Alexander Beglow mit fast zwei Dritteln der Stimmen in seinem Amt bestätigt. Beglows wichtigster Herausforderer Wladimir Bortko hatte seine Kandidatur kurz vor der Wahl zurückgezogen, weil der Wahlgang "gezinkt" sei.
Anhänger der Opposition veröffentlichten am Montag Aussagen von Wählern, die von Stimmenkauf und Wahlmanipulationen an den Urnen berichteten. Der Jabloko-Politiker Boris Wischnewski, der nicht zur Wahl zugelassen worden war, sprach von einer "Farce".
Die Massenkundgebungen der vergangenen Monate für faire Wahlen waren die stärksten Anti-Kreml-Proteste seit sieben Jahren. Sie zeitigten in Moskau, wo neben Nawalny und Sobol zahlreiche weitere Oppositionelle nicht als Kandidaten zugelassen worden waren, zahlreiche spürbare Erfolge. Neun Abgeordneten, die bisher auf dem Ticket von Einiges Russland im Stadtparlament saßen, gelang der Wiedereinzug nicht.
Unter den Verlierern ist insbesondere der Moskauer Parteichef Andrej Metelsky, der seit 2001 ein Mandat innehatte. Nicht gewählt wurde aber auch die frühere Vize-Hochschuldirektorin Valeria Kassamara. Jabloko erhielt drei Sitze und kann auf eine Unabhängige zählen, die ebenfalls gewählt wurde. Die Partei Gerechtes Russland, die zu der vom Kreml "tolerierten" Opposition gehört, bekam ebenfalls drei Sitze.
UN-Menschenrechtskommissarin Michelle Bachelet forderte derweil eine Untersuchung der "exzessiven Polizeigewalt" während der Demonstrationen der vergangenen Wochen, bei denen in Moskau 2700 Menschen festgenommen wurden. Sie sei besorgt angesichts der "umfangreichen Festnahmen und Polizeiaktionen", sagte Bachelet dem UN-Menschenrechtsrat in Genf am Montag.
Die Proteste setzten ein, nachdem die Behörden mehreren Oppositionskandidaten die Teilnahme an der Kommunalwahl untersagt hatten. Bachelet forderte die russischen Behörden auf, "die Meinungsfreiheit, das Recht auf friedliche Versammlung und das Recht auf Teilnahme an öffentlichen Angelegenheiten zu wahren". Mindestens fünf Demonstranten wurden bislang zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt.
(V.Korablyov--DTZ)