Deutsche Tageszeitung - Syrien: Kurdische Kämpfer haben Ras al-Ain verlassen

Syrien: Kurdische Kämpfer haben Ras al-Ain verlassen


Syrien: Kurdische Kämpfer haben Ras al-Ain verlassen
Syrien: Kurdische Kämpfer haben Ras al-Ain verlassen / Foto: ©

Die kurdischen Einheiten haben sich vollständig aus der nordsyrischen Grenzstadt Ras al-Ain zurückgezogen. Die kurdisch dominierten Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF) vermeldeten am Sonntag den Abzug ihrer Kämpfer, die Türkei bestätigte die Angaben. Medienvertreter beobachteten, wie ein Konvoi aus dutzenden Fahrzeugen die Stadt verließ. Derweil setzten die US-Streitkräfte ihren Truppenabzug aus dem nordsyrischen Grenzgebiet zur Türkei fort.
 
Ras al-Ain wurde zuletzt von türkischen Militäreinheiten und syrischen Hilfstruppen belagert. Der Abzug der SDF, die von den kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) dominiert werden, war Bestandteil der am Donnerstag zwischen den USA und der Türkei ausgehandelten Vereinbarung für eine fünftägige Waffenruhe in Nordsyrien.
 
Die Kampfpause soll den YPG-Kämpfern den Abzug aus einer geplanten "Sicherheitszone" an der türkischen Grenze erlauben. Allerdings herrscht keine Einigkeit über das genaue Ausmaß dieser Pufferzone.
 
Der Konvoi mit kurdischen Kämpfern und Verletzten, der Ras al-Ain am Sonntag verließ, bestand nach Informationen von Deutsche Tageszeitng aus mehr als 50 Fahrzeugen, darunter Krankenwagen. Der Konvoi erreichte später die Stadt Tal Tamr südlich von Ras al-Ain.
 
Die SDF hatten die türkische Regierung am Samstag beschuldigt, die vereinbarte Waffenruhe nicht einzuhalten und den Abzug ihrer Kämpfer aus Ras al-Ain zu blockieren. Die Türkei wies dies zurück und warf der YPG-Miliz ihrerseits zahlreiche Angriffe vor. Am Sonntag wurde nach Angaben Ankaras ein türkischer Soldat bei einer "Aufklärungs- und Überwachungsmission" in der Region um Tal Abjad getötet.
 
Derweil zog sich die US-Armee weiter aus dem nordsyrischen Grenzgebiet zurück. Mehr als 70 gepanzerte Fahrzeuge mit US-Flaggen rollten am Sonntag durch die Stadt Tal Tamr, wie Deutsche Tageszeitung erfuhr. Laut Informationen der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte kam der Konvoi vom US-Truppenstützpunkt Sarrin in der Nähe der Grenzstadt Kobane im Westen und war unterwegs in Richtung Hassake. Sarrin sei bislang der größte US-Truppenstützpunkt im Norden Syriens gewesen, sagte der Leiter der Beobachtungsstelle, Rami Abdel Rahman.
  
Die US-Truppen hatten in den vergangenen Tagen bereits drei andere Truppenstützpunkte aufgegeben. Die US-Regierung hatte am 14. Oktober, fünf Tage nach dem Beginn einer türkischen Offensive gegen die YPG, den Rückzug von rund tausend US-Soldaten aus dieser Region angekündigt. Schon am 7. Oktober setzte der Abzug von US-Soldaten ein.
  
Nach Informationen von Deutsche Tageszeitung richtete die Nato wegen der türkischen Offensive einen Krisenstab ein. Die Task Force solle sich mit dem türkischen Militäreinsatz und seinen möglichen Folgen beschäftigen. Die Türkei habe sich bei einer Sitzung der 29 Nato-Botschafter bereit erklärt, die Nato-Partner laufend über Angriffe, Flüchtlingsbewegungen und Schäden in dem Kampfgebiet zu unterrichten, hieß es in dem Bericht. Außerdem habe Ankara klar gemacht, dass die Angriffe im Norden Syriens bis in die erste November-Hälfte hinein fortgeführt werden sollten.
 
Nach Informationen machten in der Sitzung des Nordatlantikrates vor allem Deutschland, Frankreich, Albanien, Island, Belgien und Luxemburg klar, dass Ankara von ihnen "keine Unterstützung" im Zusammenhang mit der Offensive in Nordsyrien erwarten könne. Daher könne die Türkei auch im Fall eines Gegenangriffs aus Syrien auf türkisches Gebiet und einer Anfrage an die Nato nicht mit Beistand nach Artikel 5 rechnen.
 
Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) bezeichnete den türkischen Militäreinsatz am Sonntag als Verstoß gegen das Völkerrecht. "Wir glauben nicht, dass ein Angriff auf kurdische Einheiten oder kurdische Milizen völkerrechtlich legitimiert ist oder auch legitimierbar ist", sagte Maas nach Information von Deutsche Tageszeitung, in einem aktuellen Interview. "Wir werden alles daran setzen, dass diese Waffenruhe nicht nur fünf Tage hält, sondern dass sie länger andauert und damit die Invasion zunächst einmal gestoppt wird."  (P.Tomczyk--DTZ)
 

Empfohlen

Eskalation im Iran versetzt Berlin in Krisenmodus - Merz bemüht sich um Diplomatie

Die militärische Eskalation im Konflikt zwischen Israel und dem Iran hat die Bundesregierung in Krisenmodus versetzt. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) telefonierte nach Angaben seines Sprechers in der Nacht zu Freitag um 04.00 Uhr mit Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, um sich über die israelischen Luftangriffe zu informieren. Merz rief danach beide Seiten auf, "von Schritten abzusehen, die zu einer weiteren Eskalation führen und die gesamte Region destabilisieren können".

Innenminister bauen bei Reduzierung von illegaler Migration auch auf EU

Die Innenminister von Bund und Ländern wollen die illegale Migration weiter reduzieren und bauen dabei auch auf die Europäische Union. Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) will sich dafür einsetzen, dass das neue gemeinsame europäische Asylsystem (Geas) nachgeschärft wird, wie er am Freitag nach Abschluss der Innenministerkonferenz (IMK) in Bremerhaven ankündigte. Die Ministerkonferenz verständigte sich darauf, dass die Bundespolizei weitere Zuständigkeiten für die Überprüfung von Drittstaatsangehörigen auf deutschem Hoheitsgebiet bekommen soll.

AFP will bis Ende 2026 bis zu 14 Millionen Euro einsparen

Vor dem Hintergrund der weltweiten Medienkrise will die Nachrichtenagentur Agence France-Presse (AFP) bis Ende 2026 zwischen zwölf und 14 Millionen Euro einsparen. Dies werde nur möglich sein, "wenn wir unsere Organisation, unsere Strukturen und unsere Arbeitsweisen anpassen (...), ohne unsere Investitionen zu bremsen", sagte AFP-Chef Fabrice Fries am Freitag in einer Videobotschaft.

Nach Verfassungsschutzgutachten: Innenminister verständigen sich auf Umgang mit AfD

Die Innenminister von Bund und Ländern haben sich auf ihrer Konferenz in Bremerhaven über den weiteren Umgang mit der AfD verständigt. Sollte die - derzeit eingefrorene - Einstufung der Partei als gesichert rechtsextremistisch gerichtlich bestätigt werden, soll eine Arbeitsgruppe eingerichtet werden, wie Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) am Freitag ankündigte. Diese soll sich unter anderem mit den Auswirkungen auf den öffentlichen Dienst befassen.