Deutsche Tageszeitung - Amnesty: Mindestens 16 Tote bei gewaltsamen Protesten in Äthiopien

Amnesty: Mindestens 16 Tote bei gewaltsamen Protesten in Äthiopien


Amnesty: Mindestens 16 Tote bei gewaltsamen Protesten in Äthiopien
Amnesty: Mindestens 16 Tote bei gewaltsamen Protesten in Äthiopien / Foto: ©

Bei gewaltsamen Ausschreitungen in Äthiopien, die mit Protesten gegen den Ministerpräsidenten und diesjährigen Friedensnobelpreisträger Abiy Ahmed begannen, sind mindestens 16 Menschen getötet worden. Nach neuen, noch unbestätigten Berichten werde die Zahl vermutlich noch steigen, sagte Fisseha Tekle von Amnesty International am Freitag der Nachrichtenagentur AFP in Addis Abeba.

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Die Gewalt sei zum Teil von Sicherheitskräften ausgegangen, die das Feuer auf Demonstranten eröffnet hätten, habe aber zunehmend ethnische und religiöse Beweggründe. "Einige Menschen wurden durch Stöcke und Macheten getötet, einige Häuser wurden niedergebrannt", sagte Tekle. Zum Teil seien Schusswaffen eingesetzt worden.

Nach Gerüchten über die angebliche Misshandlung des Abiy-Kritikers und Internetaktivisten Jawar Mohammed durch Sicherheitskräfte waren am Mittwoch dessen Anhänger auf die Straße gegangen. Sie verbrannten Autoreifen und errichteten Straßenblockaden.

Am Donnerstag beschuldigte Mohammed staatliche Sicherheitskräfte, einen Anschlag auf ihn zu planen. "Auf eine für das Land gefährliche Art und Weise hat die staatliche Polizei versucht, ein schweres Verbrechen zu begehen", sagte er in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba. Zugleich rief er die Demonstranten dazu auf, Ruhe zu bewahren. Ungeachtet dessen gingen die Proteste und Straßenblockaden weiter.

Nachdem Proteste junger Menschen zum Rücktritt des ehemaligen Ministerpräsidenten Hailemariam Desalegn geführt hatten, übernahm Abiy im Frühjahr 2018 den Posten des Regierungschefs. Der 32-jährige Jawar Mohammed spielte eine Schlüsselrolle bei den damaligen Demonstrationen. Der Internet-Aktivist wird von Kritikern beschuldigt, ethnischen Hass zu schüren und darauf abzuzielen, das Land zu destabilisieren. Die Beziehungen zwischen den beiden Männern verschlechterte sich zuletzt, unter anderem weil Jawar mehrere von Abiys Reformen kritisiert hatte.

Seit Abiy im April 2018 an die Regierung kam, brach er mit der autoritären Politik seiner Vorgänger: Der 43-Jährige leitete eine Liberalisierung der Wirtschaft ein, ließ politische Gefangene frei, erlaubte Rebellengruppen die Rückkehr ins Land und ließ Dutzende Vertreter aus Militär und Geheimdienst wegen mutmaßlicher Menschenrechtsverstöße festnehmen. Zudem schloss er mit dem jahrzehntelangen Erzfeind Eritrea ein Friedensabkommen.

Für die Beendigung des Konflikts mit dem Nachbarland Eritrea und die Reformen in seiner lange autoritär regierten Heimat wird Abiy in diesem Jahr mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Der Preis wird am 10. Dezember in Oslo verliehen.

Mit über 100 Millionen Einwohnern ist Äthiopien nach Nigeria das bevölkerungsreichste Land Afrikas. Das Land legte in jüngster Zeit ein rasantes Wirtschaftswachstum hin. Dennoch zählt es nach wie vor zu den ärmsten Staaten der Welt.

(I.Beryonev--DTZ)