
Linksschwenk der SPD stößt in der Union auf Ablehnung

Mit einer linkeren Ausrichtung und der Forderung nach neuen Koalitionsbeschlüssen stößt die SPD bei der Union auf Ablehnung. "Bedingungen nach dem Motto ’Wenn das nicht kommt, dann gehen wir’ akzeptiere ich nicht", sagte die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer der "Bild am Sonntag". CSU-Generalsekretär Markus Blume schloss eine "Regierung auf Linkskurs" aus. Trotz des Konflikts wollen sich die Koalitionspartner bald zusammensetzen.
Der SPD-Parteitag hatte die nach einem GroKo-kritischen Wahlkampf gewählten neuen Parteivorsitzenden Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans beauftragt, mit der Union Gespräche unter anderem über Nachbesserungen am Klimapaket, ein großes Investitionsprogramm und einen höheren Mindestlohn zu führen. Vom Ausgang der Gespräche soll der Fortbestand der Koalition abhängen.
Kramp-Karrenbauer zeigte sich darüber unglücklich. "Ich hätte mir ein wirklich klares Signal des SPD-Parteitags zur Fortsetzung der großen Koalition gewünscht", sagte sie der "Bild am Sonntag". "Die CDU ist vertragstreu, und das erwarte ich von der neuen SPD-Führung auch", hob sie hervor.
CSU-Generalsekretär Blume erteilte in der "Welt am Sonntag" jeder Kursänderung der Bundesregierung eine Absage. "Eine SPD auf Linkskurs wird nicht zu einer Regierung auf Linkskurs führen." Unionspolitiker wandten sich auch gegen eine Abkehr von der schwarzen Null im Haushalt, die von der SPD in Frage gestellt wird.
CDU-Vize Armin Laschet zeigte sich allerdings zu Gesprächen mit der neuen SPD-Spitze über einen höheren CO2-Preis bereit. "Darüber reden wir sowieso mit den Grünen", sagte der nordrhein-westfälische Ministerpräsident der "Welt am Sonntag" mit Blick auf ab Montag anstehende Gespräche im Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat über das Klimapaket.
Der Parteitag hatte von Freitag bis Sonntag eine Reihe von Beschlüssen getroffen, die die SPD weiter nach links rücken. Unter anderem will die Partei das Hartz-IV-System hinter sich lassen und die umstrittenen Sanktionen entschärfen. Außerdem soll eine Kindergrundsicherung eingeführt werden, die auch Linke und Grüne wollen.
In Städten sollen für einen Zeitraum von fünf Jahren Mieterhöhungen nur noch auf Inflationsniveau erlaubt sein. Neben der Kranken- soll auch die Pflegeversicherung in eine Bürgerversicherung umgebaut werden, in die auch bisherige Privatversicherte einzahlen. Zudem will die SPD die Schuldenbremse in ihrer aktuellen Form "perspektivisch überwinden". All diese Vorhaben werden von der Union bisher abgelehnt.
Weitere Konflikte könnte es um Rüstungsexporte geben, da die SPD diese weiter einschränken will. Zudem forderte der Parteitag eine neue europäische Rettungsmission für Flüchtlinge im Mittelmeer.
Esken und Walter-Borjans beschworen in ihren Schlussworten die Einheit der SPD. Die Partei werde sich nicht "auseinander treiben lassen", sagte Esken, auch wenn manche das gern hätten. Walter-Borjans betonte, die SPD brauche "für die neue Zeit Jeden und Jede". An erster Stelle nannte er seinen unterlegenen Mitbewerber im Ringen um den Parteivorsitz, Finanzminister Olaf Scholz. Weiter sagte er, auf dem Parteitag sei es für ihn vor allem darum gegangen, "dass wir unser Profil wiedergewinnen".
Wann sich die Spitzen der Union und die neue SPD-Parteiführung zum ersten Mal zusammensetzen, ist noch offen. Angestrebt wird ein Termin in den nächsten Tagen.
(P.Tomczyk--DTZ)