
Rangeleien im ukrainischen Parlament wegen umstrittener Bodenreform

Eine Debatte im ukrainischen Parlament über eine umstrittene Bodenreform ist am Donnerstag in Gewalt umgeschlagen: Mehr als ein Dutzend Abgeordnete der Präsidentenpartei Diener des Volkes und der oppositionellen Partei Vaterland lieferten sich kurze Rangeleien vor der Rednertribüne. Andere blockierten die Rednertribüne, um eine Abstimmung zu verhindern. Vergeblich rief Vize-Parlamentspräsident Ruslan Stefantschuk die Abgeordneten auf, sich nicht wie "Affen" zu benehmen.
Landwirtschaftliche Flächen in der Ukraine dürfen bisher offiziell nicht verkauft werden, Präsident Wolodymyr Selenskyj will das nun mit seiner Reform ändern. Er stößt damit jedoch auf erheblichen Widerstand der Bevölkerung, insbesondere aber der Bauern. Viele fürchten, dass die Reform lediglich Oligarchen und Ausländern nutzen könnte.
Vor dem Parlament protestierten am Donnerstag rund tausend rechtsextreme Aktivisten und Anhänger der Vaterland-Partei gegen den "Ausverkauf der ukrainischen Felder".
Nach einer ersten Lesung im November wollte Selenskyj das Gesetz eigentlich noch im Dezember vom Parlament verabschieden lasse, doch verzögerten Protestkundgebungen und 4000 Änderungsanträge der Opposition die letzte Lesung. Bis zur endgültigen Abstimmung dürften erneut mehrere Tage vergehen.
Die Ukraine mit ihren fruchtbaren Böden galt einstmals als "Kornkammer" Europas. Wegen mangelnder Investitionen bleibt die Produktivität jedoch hinter den Erwartungen zurück. Nach Schätzungen der Weltbank könnte die Öffnung des Bodenmarkts zu einem zusätzlichen Wirtschaftswachstum von 1,5 Prozentpunkten pro Jahr führen.
Der Gesetzentwurf sieht vor, dass Agrarflächen nur an ukrainische Staatsbürger und Körperschaften veräußert werden können. Angesichts der massiven Kritik an dem Vorhaben hat Selenskyj zudem eine Volksbefragung angekündigt, bevor der Markt auch für ausländische Käufer geöffnet werden könnte.
(V.Korablyov--DTZ)