EU einigt sich auf Corona-Hilfspaket von halber Billion Euro
Nach tagelangem Ringen haben sich die EU-Finanzminister auf ein Hilfspaket von 500 Milliarden Euro geeinigt, um Mitgliedstaaten, Unternehmen und Arbeitnehmer in der Corona-Krise zu unterstützen. Vereinbart wurde am Donnerstagabend zudem ein "Wiederaufbaufonds" für die Zeit nach der Krise. Da die Finanzierung dieses Fonds offen blieb, dürfte beim nächsten Sondergipfel der EU-Staats- und Regierungschefs am 23. April weiter um die von Deutschland abgelehnten Corona-Bonds gestritten werden.
Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) sprach nach einer Videokonferenz mit seinen EU-Kollegen von einem "großen Tag europäischer Solidarität". Die Einigung zeige, dass die EU-Staaten gemeinsam handelten und "die Europäische Union funktioniert". Frankreichs Finanzminister Bruno Le Maire sprach von einer "ausgezeichneten Vereinbarung".
Insgesamt umfasst das Krisenpaket drei Teile: Neben Kreditzusagen des Euro-Rettungsfonds ESM von bis zu 240 Milliarden Euro gehören dazu Darlehen der Europäischen Investitionsbank (EIB) für Firmen von bis zu 200 Milliarden Euro sowie weitere 100 Milliarden Euro zur Förderung von Kurzarbeit, um Entlassungen in der Krise zu verhindern.
Das Paket enthalte "mutige und ehrgeizige Vorschläge, die vor einigen Wochen noch nicht möglich schienen", erklärte Eurogruppen-Chef Mario Centeno. EU-Ratspräsident Charles Michel sprach von einem "soliden Paket", das "im Geiste der Solidarität" auf die Corona-Krise antworte. Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) wertete das Milliarden-Paket als "gelebte europäische Solidarität". EU-Parlamentspräsident David Sassoli sprach immerhin von einem Schritt "in die richtige Richtung".
Die Finanzminister hatten sich in der ersten Wochenhälfte zunächst nicht auf das Hilfsprogramm einigen können. Grund war die Forderung der Niederlande, Hilfskredite des Euro-Rettungsfonds ESM mit strengen Bedingungen zu verknüpfen. Dies lehnte Italien strikt ab.
Deutschland, Frankreich und Spanien handelten daraufhin am Donnerstag über Stunden mit Italien und den Niederlanden einen Kompromisstext aus. Er sieht vor, dass sich bei ESM-Hilfen der betreffende Mitgliedstaat verpflichten muss, die Gelder nur mit Blick auf die Pandemie für direkte und indirekte Gesundheitskosten einzusetzen.
Der niederländische Finanzminister Wopke Hoekstra sprach von einem "fairen und vernünftigen" Kompromiss. Die von Rom kritisierten Bedingungen für ESM-Kredite seien "vom Tisch", schrieb seinerseits Italiens Finanzminister Roberto Gualtieri im Onlinedienst Twitter. Gleichzeitig blieben "europäische Bonds auf dem Tisch".
Dies bezieht sich auf die Vereinbarung der Finanzminister, an einem zeitlich befristeten "Wiederaufbaufonds" zu arbeiten, um den Volkswirtschaften nach der erwarteten schweren Rezession wieder auf die Beine zu helfen. Die genaue Finanzierung blieb aber offen.
Italien und acht weitere Länder hatten dazu Corona-Bonds vorgeschlagen. Solche gemeinsamen Anleihen der Mitgliedstaaten werden aber von Deutschland und den Niederlanden von jeher strikt abgelehnt.
Der Text der Finanzminister legt sich nicht fest. Er schließt aber "innovative finanzielle Instrumente" nicht aus, sofern diese "im Einklang mit den EU-Verträgen stehen". Mit dieser Frage dürften sich also die EU-Staats- und Regierungschefs bei ihrem nächsten Video-Gipfel befassen, den EU-Ratspräsident Michel am Freitag für den 23. April einberief.
Gualtieri sagte am Freitag im italienischen Fernsehen, die Verhandlungen der EU-Finanzminister seien für Italien "eine sehr gute erste Halbzeit" gewesen. "Jetzt müssen wir das Spiel gewinnen", sagte er mit Blick auf den anstehenden Gipfel. Das jetzt vereinbarte Hilfspaket hält er ohnehin für zu klein. Benötigt würden nicht 500, sondern 1500 Milliarden Euro.
Auch Frankreichs Finanzminister Le Maire sagte, der Wiederaufbaufonds müsse in der Lage sein, gemeinsame Schulden aufzunehmen. Dies sei "die einzige Lösung". Er forderte ein Volumen von "rund 500 Milliarden Euro". Die Gelder sollten vor allem für "Zukunftsausgaben" verwendet werden.
(U.Stolizkaya--DTZ)