
Landwirte sollen bei Einsatz von Pestiziden zehn Prozent Ausgleichsfläche schaffen

Landwirte in Deutschland sollen breit wirkende Unkrautvernichtungsmittel wie Glyphosat ab 2020 nur noch spritzen dürfen, wenn sie gleichzeitig zehn Prozent der Fläche als Ausgleichsfläche unbehandelt lassen. Die Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung solle entsprechend geändert werden, kündigte Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) am Dienstag in Berlin an. Der Einsatz des umstrittenen Mittels Glyphosat ist in Deutschland bis Ende 2022 erlaubt - die Regierung will den Ausstieg schrittweise umsetzen.
Die Präsidentin des Umweltbundesamtes (UBA), Maria Krautzberger, betonte: "Glyphosat hat wie viele andere Pflanzenschutz-Wirkstoffe gravierende Folgen für die biologische Vielfalt in der Agrarlandschaft." Als Totalherbizid vernichte es ohne Unterschiede alle Pflanzen und zerstöre damit die Nahrungs- und Lebensgrundlage für viele Insekten- und Vogelarten wie Schmetterlinge und Feldlerche.
Wenn statt Glyphosat nur andere, vielleicht noch schädlichere Pflanzenschutzmittel eingesetzt würden, sei aber für die Umwelt nichts gewonnen, erläuterte Schulze. Daher solle die neue Zulassungspraxis für alle Pflanzenschutzmittel gelten, die die Artenvielfalt schädigen.
Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit werde die neuen Anwendungsbestimmungen in die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln übernehmen, kündigte Krautzberger an. "Damit tragen wir deutlich zu mehr Schutz der Biodiversität bei als bislang."
Der Verein Bioland begrüßte das strengere Zulassungsverfahren als "bereits lange fälligen Schritt". Weitere Schritte müssten folgen. Bioland fordert eine Pestizidabgabe.
Der Grünen-Experte Harald Ebner nannte die Ankündigung Schulzes "enttäuschend", dass selbst gesetzte Glyphosat-Ausstiegsdatum von 2021 auf Beginn 2023 nach hinten zu verschieben. Die bis dahin geplanten Einschränkungen und Auflagen seien "zum Teil Augenwischerei", weil die künftig vorgeschriebenen pestizidfreien Flächen mit anderen Flächen verrechnet werden dürften, für die Pestizide ohnehin schon Tabu seien.
"Das Schlimmste aber ist, dass Schulzes Glyphosat-Pläne ohne Einigung mit ihrer Agrarkollegin Julia Klöckner ohnehin Luftschlösser bleiben", kritisierte Ebner. Eine Einigung sei aber nicht abzusehen, Schulze habe dafür auch keinen Zeitplan benennen können.
Unter Experten ist Glyphosat umstritten. Die US-Umweltbehörde EPA und auch die Aufsichtsbehörden in der EU und Deutschland gelangten zu dem Schluss, dass keine Krebsgefahr von dem Unkrautvernichtungsmittel ausgeht. Dagegen hatte die zur Weltgesundheitsorganisation WHO gehörende Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC) vor drei Jahren konstatiert, dass Glyphosat "wahrscheinlich krebserregend bei Menschen" sei. Die EU hat das Mittel bis Ende 2022 genehmigt.
(W.Budayev--DTZ)