
Bund will 62 Milliarden Euro bis 2030 für Modernisierung des Schienennetzes ausgeben

Marode Schienen sollen erneuert, Stellwerke aus der Vorkriegszeit digitalisiert, bröckelnde Eisenbahnbrücken saniert werden: Der Bund investiert in den kommenden zehn Jahren 62 Milliarden Euro für Erhalt und Modernisierung des Schienennetzes, die Deutsche Bahn weitere 24 Milliarden Euro. Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) und Bahn-Chef Richard Lutz unterzeichneten die neue Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung (LuFV III). Kritiker monieren, das Geld reiche nach Jahren der Unterfinanzierung bei weitem nicht aus.
Scheuer sprach am Dienstag nach der Unterzeichnung von einer Rekordsumme, die in Erhalt und Modernisierung des Schienennetzes fließe. "Der Wow-Effekt kommt. Die zwanziger Jahren werden ein glänzendes Zeitalter der Bahn." Ziel sei ein leistungsfähiges, hochwertiges Netz als Grundlage für aktiven Klimaschutz im Verkehr.
Bahn-Chef Lutz betonte, die Infrastruktur sei Grundlage für gute Betriebsqualität und hohe Pünktlichkeit. Das Schienennetz werde robuster und zuverlässiger, Bahnhöfe würden attraktiver.
Mit dem Geld sollen jährlich rund 2000 Kilometern Gleis und 2000 Weichen erneuert werden, wie das Verkehrsministerium mitteilte. Bis 2030 solle die Erneuerung von 2000 Eisenbahnbrücken "in Angriff genommen" werden. Sieben Milliarden Euro sollen in Stellwerkstechnik fließen. Die Laufzeit der LuFV wurde von bisher fünf auf zehn Jahre erhöht, das schaffe "mehr Planungssicherheit" für die Bahn und die Wirtschaft.
Die Zahl der Zugreisenden soll sich nach dem Wunsch der Regierung auch aus Klimaschutzgründen bis 2030 verdoppeln. Von den Investitionen sollen Bahnkunden auch unmittelbar profitieren, etwa durch bessere Barrierefreiheit und zusätzlichen Wetterschutz auf Bahnsteigen. "Zudem steht mehr Geld zur Verfügung, damit Baustellen weniger Auswirkungen auf den Bahnverkehr und Kunden haben", erklärte die Bahn.
Die Allianz pro Schiene, ein Bündnis von Unternehmen, Umwelt- und Verbraucherverbänden, Gewerkschaften und Hochschulen mit Interesse an einer Stärkung der Schiene, nannte den Modernisierungsbedarf wegen des "enormen Investitionsrückstands" erheblich. Die insgesamt 86 Milliarden Euro in der LuFV seien zwar ein Fortschritt, aber kein Durchbruch - und bei genauerem Blick ein "eher bescheidener Wert".
Denn die Bahn müsse mehr als ein Drittel der Summe selbst erwirtschaften: rund 31 Milliarden Euro. Diese setzten sich zusammen aus den jährlichen Dividendenzahlungen der Bahn an den Eigentümer Bund, aus Zahlungsverpflichtungen der Infrastrukturtöchter der Bahn und aus Gebühren für die Nutzung der Gleise. Schultern müsse die Bahn zudem erhebliche Steigerungen der Baupreise.
Auch der bahnpolitische Sprecher der Grünen, Matthias Gastel, nannte die LuFV "nicht viel mehr als eine Notoperation". Durch die jahrzehntelange "chronische Unterfinanzierung der Schiene haben rote und schwarze Verkehrsminister einen erheblichen Investitionsstau aufgebaut". Er betrage über 50 Milliarden Euro. Es werde 15 bis 20 Jahre dauern, bis der Sanierungsstau beseitigt sei.
Scheuer müsse "deutlich mehr Mittel in die Schiene investieren", forderte der Grünen-Politiker. "Das Verharren im Status quo ist für die Verkehrswende völlig unzureichend."
Die Bahnindustrie - Lieferant für die Infrastruktur und für Fahrzeuge - mahnte eine schnelle Umsetzung an. Die Planung müsse "massiv" beschleunigt werden, forderte der Branchenverband.
(W.Budayev--DTZ)