Deutsche Tageszeitung - Erleichterte Kurzarbeit soll Unternehmen im Kampf gegen die Corona-Krise helfen

Erleichterte Kurzarbeit soll Unternehmen im Kampf gegen die Corona-Krise helfen


Erleichterte Kurzarbeit soll Unternehmen im Kampf gegen die Corona-Krise helfen
Erleichterte Kurzarbeit soll Unternehmen im Kampf gegen die Corona-Krise helfen / Foto: ©

Im Kampf gegen die wirtschaftlichen Folgen der Coronavirus-Epidemie will die Bundesregierung strauchelnden Unternehmen stärker unter die Arme greifen. Dafür einigten sich die Spitzen der großen Koalition in der Nacht zum Montag unter anderem auf Erleichterungen beim Kurzarbeitergeld. Dies soll vor allem den drohenden Verlust von Jobs abwenden.

Textgröße ändern:

"Unser Ziel ist, dass möglichst keine Unternehmen in Deutschland in Insolvenz geraten und möglichst kein Arbeitsplatz verloren gehen soll", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin. Aktuell ist der Arbeitsmarkt in Deutschland nach Einschätzung der großen Koalition zwar in sehr guter Verfassung. Zurzeit sei aber nicht absehbar, in welchem Umfang das Coronavirus Unternehmen in Deutschland treffen werde und welche Auswirkungen das auf die Beschäftigung hat.

Nach siebenstündigen Beratungen beschloss der Koalitionsausschuss unter Leitung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) deshalb, dass beim Kurzarbeitergeld die Sozialversicherungsbeiträge künftig vollständig von der Bundesagentur für Arbeit (BA) erstattet werden. Dies hatten zuletzt vor allem Arbeitgeberverbände gefordert.

Ferner soll Kurzarbeit künftig bereits möglich sein, wenn zehn Prozent der Belegschaft eines Unternehmens von einem Arbeitsausfall betroffen sind. Bislang lag die Schwelle bei mindestens einem Drittel. Außerdem soll Kurzarbeitergeld künftig auch von Leiharbeitnehmern bezogen werden können.

In Kraft treten sollen die Änderungen als Teil des "Arbeit-von-Morgen-Gesetzes" für mehr Weiterbildung und Qualifizierung von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) bereits in der ersten Aprilhälfte. Am Mittwoch befasst sich das Bundeskabinett mit dem Entwurf.

Union und SPD bekräftigten im Koalitionsausschuss zudem ihr Ziel, weitere Investitionen für mehr Wirtschaftswachstum zu tätigen. In der Finanzplanung von 2021 bis 2024 werden die Investitionen des Bundes um jeweils rund drei Milliarden Euro verstärkt; dies ermögliche "neue Prioritäten" in Höhe von insgesamt 12,4 Milliarden Euro.

Zu weiteren Unterstützungsmaßnahmen hieß es, die Bundesregierung werde Vorschläge für Liquiditätshilfen für Unternehmen unterbreiten, die besonders von den Auswirkungen des Coronavirus betroffen sind. Hierzu soll Seibert zufolge "zeitnah" ein Gespräch der Bundesregierung mit den Spitzenverbänden der Deutschen Wirtschaft und den Gewerkschaften stattfinden.

Die Erleichterungen beim Kurzarbeitergeld stießen bei Wirtschaftsverbänden, Gewerkschaftern und Ökonomen flächendeckend auf Zustimmung. Es sei "wirtschaftspolitisch sinnvoll, ansonsten gesunden Unternehmen bei einem solchen unvorhersehbaren externen Schock-Ereignis unter die Arme zu greifen", erklärte der Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW), Gabriel Felbermayr.

Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände BDA zeigte sich insbesondere über die Übernahme der Sozialversicherungskosten durch die BA erleichtert und bezeichnete diese als "im Moment auch das wirksamste Liquiditätspaket für die betroffenen Unternehmen".

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) begrüßte, dass Betriebe mit der erweiterten Kurzarbeit flexibel reagieren und Entlassungen vermeiden könnten. "Die neuen Regeln werden hoffentlich schnell in den Betrieben ankommen und insbesondere auch kleineren Betrieben helfen", erklärte DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach.

BA-Chef Detlef Scheele bekräftigte gegenüber dem "Handelsblatt", dass die Bundesagentur genügend Mittel habe, um auch eine höhere Inanspruchnahme von Kurzarbeitergeld zu finanzieren. Die Rücklagen der BA belaufen sich auf insgesamt rund 26 Milliarden Euro.

Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) mahnte indes, der Ankündigung des Koalitionsausschusses müssten nun "in den nächsten Tagen und nicht erst in Wochen konkrete Hilfen folgen". Es handele sich "nicht nur um die Probleme einzelner Betriebe, sondern um eine extreme Herausforderung für unsere Gesamtwirtschaft", erklärte DIHK-Präsident Eric Schweitzer.

Laut einer DIHK-Umfrage zur Corona-Krise unter 10.000 Betrieben rechnen 47 Prozent der deutschen Unternehmen in diesem Jahr mit einem Umsatzeinbruch. In mehr als jedem vierten Betrieb liegen die erwarteten Umsatzeinbrüche bei mehr als zehn Prozent. Insbesondere das Gastgewerbe, die Reisebranche und Messebetriebe befürchten demnach sogar Umsatzrückgänge um mehr als 75 Prozent.

(Y.Ignatiev--DTZ)

Empfohlen

Bas sieht kein Einsparpotenzial durch schärfere Sanktionen beim Bürgergeld

Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) sieht wenig Einsparpotenzial durch verschärfte Sanktionen beim Bürgergeld. "Die Sanktionen werden nicht helfen", sagte sie im Interview der Woche des Deutschlandfunks. Es sei eine falsche Annahme, dass sich über unkooperative Empfängerinnen und Empfänger von Bürgergeld viel Geld sparen lasse. "Die Wahrheit ist, wenn man sich die Zahlen anschaut, die sogenannten Totalverweigerer sind eine geringe Anzahl", sagte Bas.

Studie zeigt Wandel in der Erziehung: Erfolg und Gehorsam verlieren an Wert

Verantwortung, Nähe und Selbstbestimmung: Ihrem Nachwuchs derlei Werte zu vermitteln ist Eltern einer Studie zufolge mittlerweile deutlich wichtiger als Kriterien wie Erfolg und Gehorsam. Eine Umfrage der Krankenkasse Pronova BKK unter 2000 Müttern und Vätern ergab, dass Verantwortungsbewusstsein (48 Prozent), Hilfsbereitschaft und Höflichkeit (jeweils 47 Prozent) auf der Liste der Eigenschaften, die Eltern vermitteln möchten, ganz oben stehen. Die Ergebnisse lagen der Nachrichtenagentur AFP am Samstag vor.

Renten seit 2014 um mehr als ein Drittel gestiegen

Die gesetzliche Rente für die mehr als 21 Millionen Rentnerinnen und Rentner ist in den vergangenen zehn Jahren deutlich um rund 37 Prozent gestiegen. Das geht aus neuen Zahlen der Rentenversicherung hervor, die der "Rheinischen Post" vom Samstag vorlagen. Demnach lag die durchschnittliche Rentenzahlung für diejenigen, die nach 35 Versicherungsjahren neu in die Altersrenten gingen, vor zehn Jahren noch bei 1210 Euro pro Monat. Im vergangenen Jahr betrug sie bereits 1660 Euro.

Meloni stellt Plan zur Stärkung der afrikanischen Wirtschaft vor

Italiens Regierungschefin Giorgia Meloni hat am Freitag die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sowie Vertreter der Afrikanischen Union (AU) in Rom zu einem Gipfel empfangen, der darauf abzielt, die afrikanischen Volkswirtschaften zu stärken und die illegale Migration in die EU aus dem Kontinent einzudämmen. Ziel sei es, afrikanischen Ländern dabei zu helfen, "die Ursachen zu bekämpfen, die zu viele junge Menschen dazu treiben, kriminellen Organisationen Geld für eine gefährliche Überfahrt" über das Mittelmeer nach Europa zu zahlen, erklärte Meloni bei einer Pressekonferenz am Freitag.

Textgröße ändern: