
Bundesregierung verschärft Kündigungsschutz von Mietern in Corona-Krise

Wer in der Corona-Krise seine Miete nicht bezahlen kann, muss nach Plänen der Regierung vorerst nicht um seine Wohnung fürchten. Ein am Montag vom Kabinett verabschiedeter Gesetzesentwurf sieht vor, dass Mieter wegen Zahlungsrückständen infolge der Pandemie drei Monate lang nicht gekündigt werden können. Die Regelung bezieht sich auf Wohn- und Gewerbemieten und gilt zunächst bis Ende Juni. Mietervereinigungen begrüßten das Vorhaben; Vermieter- und Eigentümerverbände protestierten.
Die Pläne sehen eine deutliche Einschränkung des Rechts der Vermieter zur Kündigung von Mietverhältnissen vor, wie das Bundesjustizministerium mitteilte. Konkret bedeutet das: Wegen Mietschulden aus dem Zeitraum zwischen dem 1. April und dem 30. Juni dürfen Vermieter das Mietverhältnis nicht kündigen, sofern die Mietschulden auf den Auswirkungen der Pandemie beruhen. In einem ersten Entwurf war sogar noch von einem sechsmonatigen Moratorium die Rede gewesen.
Das Moratorium ändere aber nichts an der grundsätzlichen Pflicht des Mieters, die Miete pünktlich zu zahlen, betonte das Ministerium. Auch Pachtverhältnisse seien in dem Vorhaben inbegriffen. Die Regelungen sollen unter bestimmten Voraussetzungen verlängert werden können.
Der Geschäftsführer des Berliner Mietervereins, Reiner Wild, begrüßte die Pläne. Allerdings sei noch unklar, welche Nachweise Mieter vorlegen müssen, um einen Zusammenhang ihrer Zahlungsrückstände mit der Pandemie zu belegen. Zudem verwies Wild darauf, dass insbesondere Haushalte mit niedrigen Einkommen die aufgelaufenen Mietschulen oft nicht zurückzahlen könnten.
Der Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen (BFW) bewertete den Beschluss des Kabinetts ebenfalls positiv. Der Entwurf zeuge von "Augenmaß und Verantwortung für Mieter und Vermieter", erklärte BFW-Präsident Andreas Ibel. Oberstes Ziel der mittelständischen Immobilienunternehmen sei es nun, gemeinsam mit betroffenen Mietern individuelle Lösungen bis zur Wirkung der staatlichen Hilfsmaßnahmen zu finden.
Heftige Kritik äußerte dagegen Axel Gedaschko, Präsident des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft GdW. Er warnte vor "fatalen Folgen" des Gesetzes sowohl für Vermieter als auch Mieter. "Einkünfte werden nach den aktuellen Plänen einfach wegbrechen, während die Ausgaben wie gewohnt weiterlaufen. Als Folge sind Vermieter gezwungen, ihre Ausgaben soweit wie möglich herunterzufahren, um nicht in eine existenzbedrohende wirtschaftliche Schieflage zu kommen", erklärte Gedaschko. Das bringe eine Kettenreaktion in Gang, in deren Folge die Wohnungswirtschaft und verbundene Branchen weithin zum Erliegen kommen würden.
Auch das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) warnte vor weitreichenden negativen Folgen. 22 Prozent der rund 2,9 Millionen privaten Vermittler hätten ein Einkommen unterhalb des Durchschnitts der Bevölkerung, erklärte IW-Immobilienexperte Michael Voigtländer. Zudem seien die von der Corona-Krise stark betroffenen Selbstständigen überrepräsentiert.
Zwar sollen nach den Vorschlägen der Bundesregierung Vermieter selbst Kredite stunden können, doch Nebenkosten wie Grundsteuer, Energiekosten oder Versicherungen liefen weiter. Mietstundungen könnten laut Voigtländer deshalb einen Domino-Effekt auslösen, der die wirtschaftlichen Folgen der Krise potenziert.
Auch der Eigentümerverband Haus & Grund warnte, dass ein Mietausfall für die Eigentümer, die nur eine einzige Wohnung vermieten, eine "ernsthafte finanzielle Schieflage" auslösen könne. Verbandschef Kai Warnecke forderte in einem Brief an die zuständigen Minister, die Bundesregierung müsse stattdessen sicherstellen, dass hinreichend Mittel für das Wohngeld bereitstehen und Menschen mit niedrigem Einkommen dieses schnell in Anspruch nehmen können.
(P.Vasilyevsky--DTZ)