Deutsche Tageszeitung - FDP will Soli vor Bundesverfassungsgericht kippen

FDP will Soli vor Bundesverfassungsgericht kippen


FDP will Soli vor Bundesverfassungsgericht kippen
FDP will Soli vor Bundesverfassungsgericht kippen / Foto: © AFP

Die FDP will vor dem Bundesverfassungsgericht die vollständige Abschaffung des Solidaritätszuschlages durchsetzen. Wie Fraktionsvize Christian Dürr am Donnerstag in Berlin mitteilte, wurde eine entsprechende Klage durch mehrere FDP-Bundestagsabgeordnete eingereicht. Das Aus für den Soli sei "politisch richtig", "wirtschaftlich vernünftig" und "verfassungsrechtlich geboten", hob Dürr hervor.

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Mit der Klage will die FDP erreichen, dass das Ende 2019 in Kraft getretene Gesetz zum Solidaritätszuschlag für nichtig erklärt wird. Der Soli "ist als Ergänzungsabgabe eingeführt worden zu einem ganz bestimmten Zweck, zur Finanzierung der deutschen Einheit", sagte Dürr. Spätestens mit Auslaufen des zweiten Solidarpakts Ost Ende vergangenen Jahres hätte er daher entfallen müssen. Es sei auch von der Bundesregierung bewusst entschieden worden, Förderung nunmehr "nach Bedürftigkeit und nicht nach Himmelsrichtung" zu gewähren.

Dürr sprach mit Blick auf den Soli von einer "Frage der Glaubwürdigkeit". Selbst wenn die Bundesregierung zu dem Schluss komme - den er für falsch halte - dass die Einnahmen aus dem Soli weiterhin für den Bundeshaushalt gebraucht werden, müsste dies anders geregelt werden - zum Beispiel durch eine Erhöhung der Einkommensteuer, argumentierte der FDP-Politiker. Eine Ergänzungsabgabe müsse immer eine befristete Ausnahme bleiben.

Der FDP-Finanzexperte Florian Toncar verwies auf mögliche weitreichende Folgen der Klage. So sei es deren Ziel, dass allen betroffenen Steuerzahlern ihr Geld automatisch rückwirkend zum Jahresbeginn 2020 zurückerstattet werde. Dies könne den Bundeshaushalt mit rund 20 Milliarden Euro für Steuerzahlungen aus dem laufenden Jahr und mit jeweils rund zehn Milliarden Euro für weitere Jahre bis zu einer Entscheidung der Verfassungsrichter belasten, wenn die FDP Erfolg habe.

Möglich sei allerdings auch, dass das Gericht den Soli zwar für verfassungswidrig erkläre, jedoch eine Frist bis zu dessen Abschaffung setze, sagte Toncar weiter. Mit ihrer Entscheidung für eine Klage direkt vor dem Bundesverfassungsgericht umgeht die FDP den üblichen Weg über die zuständigen Fachgerichte. Dies sei gerechtfertigt, weil es um eine rein verfassungsrechtliche Frage gehe, sagte Toncar. Eine Organklage der Fraktion insgesamt sei aus formalen Gründen nicht möglich.

Das von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) vorgelegte und mit der Mehrheit der Koalition 2019 beschlossene Gesetz sieht vor, dass der Soli im laufenden Jahr weiter erhoben wird und ab 2021 für rund 90 Prozent der Steuerzahler entfällt. Lediglich Steuerpflichtige mit besonders hohem Einkommen sollen den Soli weiterhin zahlen müssen, die meisten allerdings in verringertem Umfang.

Begründet wird die weitere Erhebung von der Regierung mit weiterhin überproportionalen Zahlungen aus dem Bundeshaushalt für die ostdeutschen Bundesländer etwa bei der Rentenversicherung oder für den Arbeitsmarkt. Der Solidaritätszuschlag war 1991 eingeführt worden, um die aus der Wiedervereinigung resultierenden finanziellen Lasten zu stemmen.

Der Bund der Steuerzahler verwies am Donnerstag auf ein Urteil des Finanzgerichts Nürnberg, ebenfalls zum Soli. Dieses wies die von dem Verband unterstützte Klage eines Ehepaares gegen die Abgabe demnach zwar ab, ließ aber wegen der grundsätzlichen Bedeutung die Revision zum Bundesfinanzhof zu.

(M.Dylatov--DTZ)