Deutsche Tageszeitung - Bund und Länder wollen am Freitag mehr Schwung in die Impfkampagne bringen

Bund und Länder wollen am Freitag mehr Schwung in die Impfkampagne bringen


Bund und Länder wollen am Freitag mehr Schwung in die Impfkampagne bringen
Bund und Länder wollen am Freitag mehr Schwung in die Impfkampagne bringen / Foto: ©

Bund und Länder wollen am Freitag ihren verschobenen Impfgipfel nachholen und dann mehr Schwung in die Impfkampagne bringen. Die Schaltkonferenz sei nunmehr für Freitagnachmittag um 15.00 Uhr geplant, sagte Vizeregierungssprecherin Ulrike Demmer am Mittwoch. Bereits am Donnerstag wird eine neue Empfehlung der Europäischen Arzneimittelbehörde (EMA) zum Impfstoff von Astrazeneca erwartet. Danach will sich Deutschland laut Bundesgesundheitsministerium richten.

Textgröße ändern:

Bund und Länder hatten ursprünglich bereits an diesem Mittwoch über eine Beschleunigung der Impfkampagne beraten wollen. Ein Thema sollte dabei die stärkere Einbindung der Hausärztinnen und -ärzte sein. Nach dem Aussetzen der Impfungen mit dem Astrazeneca-Produkt am Montag wurde das Gespräch verschoben. Derzeit prüfen die Fachbehörden einen möglichen Zusammenhang zwischen Astrazeneca-Impfungen und Thrombosen der Hirnvenen. Wie ein Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums am sagte, wurde inzwischen ein achter derartiger Fall bekannt.

Demmer erläuterte, der Impfgipfel finde am Freitag statt, wenn vorher neue Empfehlungen der EMA zu Astrazeneca vorliegen. Der EMA-Ausschuss für Impfstoff-Sicherheit hatte am Dienstag über das Präparat beraten und will bis zu einer Sondersitzung am Donnerstag zu einer Schlussfolgerung kommen.

Wie der Sprecher des Gesundheitsministeriums sagte, dürfte Deutschland der EMA-Empfehlung folgen. Es würden aber zunächst die Ständige Impfkommission (Stiko) und das für Impfstoffe zuständige Paul-Ehrlich-Institut (PEI) darüber beraten. Danach entscheide die Bundesregierung, wie künftig mit diesem Vakzin verfahren werde. Auf Forderungen mancher Politiker, das Präparat für alle ohne Berücksichtigung der bisherigen Impfpriorisierung freizugeben, reagierte der Sprecher zurückhaltend: Denkbar sei "natürlich Vieles", sagte er lediglich.

Die niedergelassenen Ärzte forderten eine grundlegend neue Impfstrategie. Bei einer Wiederzulassung von Astrazeneca müsse das Vakzin anders eingesetzt werden als bislang und nur an Ältere verimpft werden, sagte der Chef des Virchowbunds, Dirk Heinrich, dem "Tagesspiegel". "Wir müssen jetzt viel mehr Biontech für die Jüngeren nehmen."

Heinreich verwies auf neue Studiendaten aus Israel. Diese zeigten, dass der bisher vor allem bei Älteren eingesetzte Biontech-Impfstoff bei Geimpften auch eine Virusübertragung verhindere.

Deshalb müsse Biontech nun anders eingesetzt werden, sagte Heinrich - und zwar verstärkt für die Bevölkerungsgruppe, die das Virus am ehesten übertrage, etwa Kita-Mitarbeiterinnen, Lehrkräfte sowie medizinisches und pflegendes Personal. Astrazeneca solle vor allem für Ältere benutzt werden.

Laut einer Forsa-Umfrage für RTL und ntv finden 54 Prozent der Deutschen das Aussetzen der Impfungen verantwortungsvoll. 39 Prozent der Befragten erklärten, dieser Schritt sei übertrieben.

An der grundsätzlichen Impfbereitschaft in der Bevölkerung ändert die Entscheidung zu Astrazeneca der Erhebung zufolge wenig: 71 Prozent der Umfrageteilnehmer gaben an, sie wollten sich gegen das Coronavirus impfen lassen, sobald sie die Möglichkeit haben. In der vorhergehenden Befragung Anfang März hatten dies 73 Prozent gesagt.

Über die Impfkampagne insgesamt fällen die Befragten ein vernichtendes Urteil: Lediglich ein Prozent erklärte, die Kampagne laufe bisher sehr gut, neun Prozent bewerten sie als gut. Dagegen finden 48 Prozent den bisherigen Verlauf eher schlecht, 40 Prozent sogar sehr schlecht.

Bis Dienstag erhielten nach Angaben des Robert-Koch-Instituts gut 6,71 Millionen Deutsche (8,1 Prozent der Gesamtbevölkerung) die Erstimpfung. 2,95 Millionen (3,5 Prozent) sind zweimal geimpft.

(V.Sørensen--DTZ)

Empfohlen

Bundestag setzt Familiennachzug bei Geflüchteten aus - große Mehrheit bei Votum

Der Bundestag hat am Freitag mit großer Mehrheit einer Aussetzung der Familiennachzugs bei Geflüchteten ohne Asylstatus für zwei Jahre zugestimmt. Der Gesetzentwurf aus dem Haus von Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) betrifft die Angehörigen von Menschen, die ohne anerkannten Asylstatus in Deutschland leben. Sie sollen künftig nur noch in Ausnahmefällen nach Deutschland kommen dürfen.

Emotionale Debatte in Bundestag über Familiennachzug - Dobrindt wirbt für Gesetz

In einer zum Teil emotional geführten Debatte hat der Bundestag am Freitag über die geplante Aussetzung des Familiennachzugs für Geflüchtete ohne Asylstatus diskutiert. Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) rechtfertigte das Gesetz mit der Notwendigkeit einer Begrenzung des Zuzugs nach Deutschland: Die Vorlage achte die Belastungsgrenzen von Staat und Gesellschaft und wirke so auch der Polarisierung im Land entgegen. Die AfD kündigte ihre Zustimmung an. Linke und Grüne kritisierten die Vorlage als inhuman.

Anklage in Zusammenhang mit mutmaßlichem Anschlagsplan auf Taylor-Swift-Konzert

Knapp elf Monate nach der Vereitelung von Anschlagsplänen auf Konzerte des US-Popstars Taylor Swift in Wien hat die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe in dem Zusammenhang einen Jugendlichen angeklagt. Mohammad A. habe Kontakt zu dem 19-Jährigen gehabt, der den Anschlag geplant habe, erklärte die Behörde am Freitag. A. soll ihm bei den Anschlagsvorbereitungen geholfen haben. Er ist demnach Anhänger der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS).

"Politbarometer": Union und SPD weiter ohne Mehrheit - Großteil zufrieden mit Merz

Die aktuelle Regierungskoalition aus Union und SPD kommt auch im neuen "Politbarometer" weiterhin nicht auf eine Mehrheit. Wenn am nächsten Sonntag Bundestagswahl wäre, kämen der am Freitag veröffentlichten ZDF-Umfrage zufolge CDU und CSU zwar auf 29 Prozent - ein Plus von zwei Prozentpunkten im Vergleich zur Erhebung Anfang Juni. Die SPD wird jedoch unverändert bei 15 Prozent gesehen. Union und SPD würden damit ganz knapp eine parlamentarische Mehrheit verfehlen.

Textgröße ändern: