Deutsche Tageszeitung - Selenskyj löst mit ersten Personalentscheidungen Proteste in der Ukraine aus

Selenskyj löst mit ersten Personalentscheidungen Proteste in der Ukraine aus


Selenskyj löst mit ersten Personalentscheidungen Proteste in der Ukraine aus
Selenskyj löst mit ersten Personalentscheidungen Proteste in der Ukraine aus / Foto: ©

Wenige Tage nach seinem Amtsantritt sorgt der neue ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj mit umstrittenen Personalentscheidungen für Proteste. Auf heftige Kritik stieß am Mittwoch die Ernennung seines Wahlkampfberaters Andri Bogdan zum neuen Stabschef. Auch Selenskyjs Entscheidung, einem Freund aus Kindheitstagen eine wichtige Position im Geheimdienst anzuvertrauen, sorgte für Furore.

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Selenskyj gab am Dienstagabend in einem Dekret bekannt, dass er seinen Wahlkampfberater Bogdan zu seinem Stabschef machen will. Er ist Anwalt des umstrittenen Oligarchen Igor Kolomoiski und hatte bereits für den gestürzten Präsidenten Viktor Janukowitsch gearbeitet. Kritiker halten die Berufung für illegal.

Der Abgeordnete Jegor Soboljew, sonst eher ein Unterstützer Selenskyjs, warf dem neuen Präsidenten vor, die Berufung verletze geltendes Recht. Denn Menschen, die wie Bogdan einst unter dem kremltreuen Ex-Präsidenten Janukowitsch gearbeitet haben, sind heute von einer Reihe politischer Spitzenämter in der Ukraine ausgeschlossen.

Auch Tetjana Kosatschenko, die gemeinsam mit Soboljew das entsprechende Gesetz entworfen hatte, griff Selenskyj an. Der Präsident stelle sich mit seiner Entscheidung über das Gesetz und zeige "dem ganzen Land seine wahre Haltung zum Rechtsstaat", schrieb sie in einem Facebook-Eintrag.

Bodgan wies die Vorwürfe in einem TV-Interview zurück. Er habe das Recht, der neuen Regierung anzugehören.

Laut ukrainischen Medienberichten war auch der US-Sonderbeauftragte für die Ukraine, Kurt Volker, gegen die Berufung Bogdans. In einem Telefonat habe er Selenskyj entschieden von diesem Schritt abgeraten, hieß es.

Auch eine weitere Personalentscheidung des neuen Präsidenten sorgte für Furore: Iwan Bakanow, mit dem Selenskyj seit seiner Kindheit befreundet ist, soll ohne jegliche Vorkenntnisse eine wichtige Rolle im Geheimdienst übernehmen. Er hatte bereits im Wahlkampfteam und als Rechtsanwalt für Selenskyjs Produktionsfirma eng mit dem heutigen Präsidenten zusammengearbeitet.

Schon während des Wahlkampfs hatte sich Selenskyj gegen Vorwürfe verteidigen müssen, er sei lediglich eine Marionette von Kolomoiski. Der umstrittene Oligarch soll Milliardensummen aus der ukrainischen PrivatBank abgezweigt haben, ehe sie 2016 verstaatlicht wurde. Auch der Fernsehsender, auf dem Selenskyjs Shows ausgestrahlt werden, gehört Kolomoiski.

Selenskyj hatte am Dienstag das Parlament aufgelöst und Neuwahlen für den 21. Juli angesetzt, um seine Machtposition zu stärken. Derzeit führt seine Partei mit 44 Prozent in den Umfragen.

(S.A.Dudajev--DTZ)