EU kommt bei Umsetzung von Krisenplänen in Corona-Pandemie voran
Die EU kommt bei der Umsetzung ihrer Krisenpläne gegen die akuten wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie voran. Die Euro-Finanzminister gaben am Freitag Kredite des Euro-Rettungsfonds ESM von bis zu 240 Milliarden Euro für Mitgliedstaaten frei. Zudem konnten sich die EU-Regierungen auf ein europäisches Kurzarbeitergeld einigen, das Massenentlassungen verhindern soll. Die EU-Kommission musste dagegen die Vorstellung ihrer Pläne für ein billionenschweres Konjunkturprogramm auf Ende Mai verschieben.
Die EU hatte im April drei "Sicherheitsnetze" für Mitgliedstaaten, Unternehmen und Arbeitnehmer im Gesamtumfang von 540 Milliarden Euro beschlossen. "In Rekordzeit" seien nun als erstes die Milliardenhilfen des Rettungsfonds ESM für Euro-Länder abrufbar gemacht worden, sagte Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD). Er sprach von einem "guten Tag für Europa und einem guten Tag für praktizierte Solidarität".
Jedes Land der Währungsunion kann über den ESM fortan auf zinsgünstige Darlehen von zwei Prozent seiner Wirtschaftsleistung zurückgreifen. Im Falle der besonders hart von der Coronavirus-Pandemie getroffenen Staaten Italien und Spanien wären dies 36 Milliarden Euro beziehungsweise 25 Milliarden Euro. Einzige Voraussetzung ist, dass die Gelder für die "direkten und indirekten" Gesundheitskosten wegen der Pandemie genutzt werden.
Damit sind die ESM-Hilfen nicht wie üblich mit harten Auflagen zur Haushaltssanierung und Ausgabenpolitik verknüpft. Bisher hat allerdings noch keine Euro-Regierung Interesse gezeigt. Länder wie Italien fürchten, dass ein Hilfsantrag an den Finanzmärkten als Signal massiver finanzieller Schwierigkeiten interpretiert wird und Spekulanten auf den Plan ruft.
Beim europäischen Kurzarbeitergeld konnten sich unterdessen die EU-Botschafter der Mitgliedstaaten einigen. Geplante Kredite von bis zu 100 Milliarden Euro sollen dabei nicht nur Kurzarbeit finanzieren, sondern auch Selbstständige unterstützen.
"Die letzte Krise hat gezeigt, dass Kurzarbeit-Programme wirksame Instrumente sind, um Menschen im Job zu halten", sagte Scholz. Sie erlaubten es Unternehmen gleichzeitig, "sich schneller zu erholen, sobald die Krise vorbei ist."
Zur Finanzierung dieses "Sure"-Programms soll die EU-Kommission selbst an den Finanzmärkten Geld aufnehmen, die dann als günstige Kredite an die Mitgliedsländer weitergegeben werden. Dafür müssen die nationalen Regierungen Garantien über 25 Milliarden Euro bereitstellen.
In einigen Ländern, darunter in Deutschland und den Niederlanden, müssen auch die Parlamente der Finanzierung zustimmen. Dies könnte nach Einschätzung von Diplomaten und EU-Vertretern etwas dauern, womit ein Start wie geplant am 1. Juni als unwahrscheinlich gilt.
Der europäische Gewerkschaftsbund ETUC forderte die Regierungen auf, "Sure" schnell startklar zu machen. "42 Millionen Beschäftigte in Kurzarbeit in Europa können nicht länger warten", hieß es.
Scholz forderte, auch "sehr bald" das dritte Krisenprogramm für Unternehmen umzusetzen. Die Europäische Investitionsbank (EIB) soll Firmen dabei Kredite von bis zu 200 Milliarden Euro bereit stellen. Auch hierfür sind Garantien der Mitgliedstaaten von 25 Milliarden Euro nötig.
Weiter unklar ist die Zukunft eines billionenschweren Konjunkturprogramms, um Europas Wirtschaft nach der Corona-Pandemie schnell wieder aus der Rezession zu holen. Die EU-Kommission musste nun zum dritten Mal den Termin für die Vorlage ihres "Wiederaufbauplans" verschieben. Er soll laut einem Sprecher nun am 27. Mai kommen.
Volumen, Finanzierung und Auszahlungsmodalitäten sind weiter hoch umstritten. Nördliche EU-Länder lehnen es ab, dass dafür von der EU-Kommission Schulden aufgenommen werden, die dann als nicht rückzahlbare Finanzhilfen an betroffene Staaten weitergereicht werden.
Das EU-Parlament forderte am Freitag ein Volumen von zwei Billionen Euro. Das Geld muss dabei aus Sicht der Abgeordneten hauptsächlich in Form von Zuschüssen und nicht als Kredite fließen.
(V.Korablyov--DTZ)