Deutsche Tageszeitung - Wirtschaftsverbände warnen vor zu starker Mindestlohnerhöhung

Wirtschaftsverbände warnen vor zu starker Mindestlohnerhöhung


Wirtschaftsverbände warnen vor zu starker Mindestlohnerhöhung
Wirtschaftsverbände warnen vor zu starker Mindestlohnerhöhung / Foto: © AFP/Archiv

Wirtschaftsverbände verschiedener Branchen haben vor einer zu starken Erhöhung des Mindestlohns gewarnt. "Eine starke Anhebung führt zu erheblichen Kostensteigerungen im Bau- und Ausbaugewerbe und erschwert die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum", erklärte Marcus Nachbauer, Vorsitzender der Bundesvereinigung Bauwirtschaft, am Montag. "Ein weiterer sprunghafter Anstieg des Mindestlohns würde die Wettbewerbsfähigkeit vieler Unternehmen nachhaltig schwächen", erklärten eine Reihe von Logistikverbänden in einem gemeinsamen Schreiben.

Textgröße ändern:

Der Handelsverband Deutschland (HDE) warnte vor "fatalen Konsequenzen" einer deutlichen Erhöhung des Mindestlohns. Eine Befragung unter rund 550 Handelsunternehmen habe ergeben, dass zwei Drittel der Betriebe "mit negativen Auswirkungen auf die Beschäftigung bis hin zu Entlassungen rechnen", erklärte er in der vergangenen Woche.

Nachbauer vom Bauverband verwies auf bestehende Tarifverträge, die "faire Löhne, soziale Absicherung und verlässliche Kostenplanung" absicherten. "Dieses Gleichgewicht darf nicht gefährdet werden." Ein zu hoher Mindestlohn würde am Ende von Mieterinnen und Mietern getragen werden müssen.

Die Logistikverbände führten an, dass der Mindestlohn in den vergangenen Jahren bereits deutlich stärker gestiegen sei als die Tariflöhne. "Dieser starke Anstieg kann auf Unternehmensseite kaum noch durch Erlös- oder Produktivitätssteigerungen kompensiert werden" - noch dazu in einer "anhaltend rezessiven Phase".

Über die Anhebung des Mindestlohns entscheidet die Mindestlohnkommission aus Arbeitgeber- und Gewerkschaftsvertretern. Für 2022 hatte die damalige Bundesregierung einmalig politisch eine Erhöhung auf zwölf Euro entschieden. Für 2023 und 2024 beschloss die Kommission dann jeweils nur eine geringe Anhebung um 41 Cent - gegen die Stimmen der Gewerkschaftsvertreter.

Bis Ende Juni soll die Kommission nun für die Jahre 2026 und 2027 entscheiden. Arbeitnehmervertreter fordern eine Anhebung auf 15 Euro. Das Thema ist einer der ersten Konflikte in der neuen schwarz-roten Regierung. Die SPD schloss einen gesetzlichen Eingriff nicht aus, die Union pocht dagegen auf die Unabhängigkeit der Mindestlohnkommission.

Befürworter einer deutlichen Anhebung des Mindestlohns verweisen auf die starke Inflation in den vergangenen Jahren. Wirtschafts- und Sozialforscher von der Hans-Böckler-Stiftung halten auch unter Verweis auf den Medianlohn eine Erhöhung auf rund 15 Euro innerhalb der kommenden zwei Jahre für möglich und nötig. Zielsetzung der EU und auch der Mindestlohnkommission ist ein Mindestlohn in Höhe von 60 Prozent des Medianlohns.

Der Median ist der mittlere Wert in einer Folge von nach aufsteigender Größe sortierten Werten. Ober- beziehungsweise unterhalb des Median liegt jeweils die Hälfte der Werte.

(V.Sørensen--DTZ)

Empfohlen

Minister Frei sieht Einigung mit SPD über Bürgergeldreform - Beschluss am Mittwoch

Kanzleramtsminister Thorsten Frei (CDU) sieht die Bedenken der Union gegen den Gesetzentwurf aus dem SPD-geführten Bundesarbeitsministerium zur Bürgergeldreform ausgeräumt. "Wir haben uns über alle offenen Punkte verständigen können", sagte Frei am Montag nach einer Sitzung des CDU-Bundesvorstands in Berlin. Er gehe davon aus, dass die Reform am Mittwoch im Kabinett verabschiedet werden könne.

Verbrenner-Aus: Brüssel legt Dienstag Vorschläge vor - Ökonomen gegen Lockerung

Die EU-Kommission will wie geplant am Dienstag ihre Vorschläge für eine Überarbeitung der CO2-Vorgaben für Neuwagen vorlegen. Erwartet wurde eine deutliche Lockerung der als "Verbrenner-Aus" bekannten Regelungen. Führende Ökonominnen und Ökonomen kritisierten diesen Kurs am Montag scharf. Der Beratungsfirma EY zufolge könnte sich das weitere Festhalten am Verbrenner jedoch auch auszahlen.

Deutsche Nordsee-Fischer dürfen 2026 weniger Hering und Kabeljau fangen

Die deutschen Nordsee-Fischer dürfen im kommenden Jahr weniger Hering, Kabeljau und Seelachs fangen. Die erlaubten Fangmengen sinken nach einer Vereinbarung der EU mit Norwegen und Großbritannien deutlich, wie das Bundeslandwirtschaftsministerium am Montag mitteilte. Wissenschaftler warnen seit Jahren, dass die Arten durch Überfischung und die Folgen des Klimawandels bedroht werden.

Trotz Protest Frankreichs: Brüssel will Mercosur-Abkommen dieses Jahr abschließen

Die EU-Kommission bleibt bei ihren Plänen für einen Abschluss des Handelsabkommens mit den südamerikanischen Mercosur-Staaten noch in diesem Jahr - trotz anhaltender Proteste aus Frankreich. "Die Kommission erwartet weiter, das EU-Mercosur-Abkommen bis Ende 2025 zu unterzeichnen", teilte ein Kommissionssprecher am Montag mit. Die Bundesregierung hält den raschen Abschluss für "dringend notwendig" und hofft auf die nötige Mehrheit der EU-Staaten.

Textgröße ändern: