
Neue Vorwürfe rund um Maut-Unterlagen - Scheuers Ministerium widerspricht

Bei der Aufarbeitung der geplatzten Pkw-Maut gibt es neue Vorwürfe gegen Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU). Der "Spiegel" berichtete am Mittwoch, dass Scheuer die Arbeit des Untersuchungsausschusses des Bundestages durch eine Änderung der Geheimhaltungsstufe von Unterlagen behindere. Oppositionspolitiker kritisierten Scheuer daraufhin scharf. Das Verkehrsministerium wies den Vorwurf einer "Behinderung" hingegen entschieden zurück - es stehe "weiterhin für maximal mögliche Transparenz".
Hintergrund der neuen Vorwürfe ist, dass laut "Spiegel" zahlreiche Dokumente rund um die Mautverträge in ihrer Geheimhaltungsstufe neu klassifiziert wurden. Demnach gelten die Dokumente nun als vertrauliche Verschlusssache. Zuvor seien sie als Verschlusssache "nur für den Dienstgebrauch" eingestuft gewesen. Damit ließen sich die Dokumente nun nur noch von Abgeordneten und sicherheitsüberprüften Mitarbeiter einsehen.
Damit dürften die Unterlagen für öffentlichen Sitzungen des Untersuchungsausschusses erst einmal tabu sein, schrieb der "Spiegel". Auch die Süddeutsche Zeitung berichtete, dass die Dokumente nun wahrscheinlich nicht mehr in öffentlicher Sitzung diskutiert werden dürften. Damit werde dem Untersuchungsausschuss die Einsicht in die Unterlagen zwar nicht unmöglich gemacht, aber erschwert.
Scheuers Ministerium widersprach am Mittwoch "entschieden": Die Behauptung des "Spiegel", die Arbeit des Untersuchungsausschusses werde behindert, sei "falsch", erklärte ein Sprecher. Alle Akten, die bereits dem Verkehrsausschuss vorgelegen hätten, seien nun dem Untersuchungsausschuss zur Verfügung gestellt worden.
Die Unterlagen seien auch bisher schon "ausschließlich parlamentsöffentlich" gewesen, da der Verkehrsausschuss nicht öffentlich tagte, betonte der Sprecher. Da im Untersuchungsausschuss die Beweisaufnahme öffentlich sei, "wurde bei einem Teil der Akten eine Änderung der Einstufung vorgenommen, um sensible Daten zu schützen", fügte er hinzu. "Das heißt: Vorher wie nachher sind die Akten parlamentsöffentlich."
Bei der Opposition sorgte die Verschärfung der Geheimhaltungsstufe ungeachtet dessen für massive Kritik. "Bereits klassifizierte Dokumente des parlamentarischen Untersuchungsausschusses nachträglich mit einer höheren Geheimhaltungsstufe zu versehen, verhindert eine öffentliche Debatte", erklärte der Obmann der FDP-Bundestagsfraktion im Untersuchungsausschuss, Christian Jung. "Dies gleicht einem nachträglichen Maulkorb für die Abgeordneten, die wirklich eine lückenlose Aufklärung des Maut-Desasters von Andreas Scheuer und der CSU herbeiführen wollen."
Linken-Chef Bernd Riexinger kritisierte, Scheuers Transparenzversprechen sei "nur noch Schall und Rauch". Zur Klarheit in der Maut-Affäre werde Scheuer nicht beitragen können und auch nicht wollen. "Es ist an der Zeit, ihn des Amtes zu entheben", forderte Riexinger.
Der Vorsitzende des Verkehrsausschusses im Bundestag, der Grünen-Politiker Cem Özdemir, kritisierte im Kurzbotschaftendienst Twitter, Scheuer habe "mit Kameras" und "Tamtam" einige Maut-Akten ins Parlament gerollt. Dass er sie nun "natürlich ohne Kameras", dann doch "heimlicher als gedacht" eingestuft habe, lasse die Ankündigung maximaler Transparenz "maximal peinlich" werden.
Die vier Oppositionsparteien im Bundestag hatten im November für die Einsetzung des Untersuchungsausschusses gestimmt. Sie sehen damit auch die Zukunft von Scheuer eng verknüpft.
Der Verkehrsminister hatte die Verträge zur Erhebung und Kontrolle der Maut mit den Betreibern noch 2018 geschlossen, der Europäische Gerichtshof (EuGH) kippte die Maut allerdings. Der Ausschuss will nun unter anderem prüfen, ob die Regierung gegen das Vergaberecht oder das Haushaltsrecht verstoßen hat. Scheuer hat angekündigt, die Arbeit des Untersuchungsausschusses zu "begleiten" und keine Unterlagen zurückzuhalten.
(M.Dorokhin--DTZ)